Tief verborgen im Talschluss, entferne ich mich immer weiter von der Hektik des Alltags. Durch das Fenster meines Fahrzeugs erblicke ich eine Welt, die sich Schritt für Schritt verwandelt: Die Häuser und Höfe werden weniger, die Straßen stiller, die Berggipfel erscheinen unberührt und majestätisch. Ein Gefühl von Ruhe, uriger Atmosphäre und faszinierender Gelassenheit umgibt mich, während ich mich dem idyllischen Bergdorf Hüttschlag nähere, das rund 8 Kilometer von Großarl entfernt liegt. Im Winter verwandelt sich das Dorf in ein malerisches Schneeparadies, umgeben von verschneiten Gipfeln und frostglitzernden Bäumen. Hier, in Hüttschlag, findet man einen friedvollen Rückzugsort. Einen Ort, wo man noch die wahre Magie des Winters in den Alpen spüren kann.
Berg | Kreuzeck 2205 Meter Hüttschlag, Salzburg |
Skitour | mittelschwere Skitour Dauer: 3,5 Stunden Länge: 8 Kilometer Aufstieg/Abstieg: 900 Höhenmeter Hangrichtung: NW Höhenprofil & Karte |
Anfahrt | Parkplatz Hallmoosalm Zum Google Maps Routenplaner |
Inhaltsverzeichnis
Von Bergbaustollen zum Naturidyll
Hüttschlag, ein Dorf mit Geschichte, zieht mich sogleich unweigerlich in seinen Bann. Der Name selbst weist auf eine Zeit zurück, in der im 14. und 15. Jahrhundert hier intensiv Kupfer- und Schwefelbergbau betrieben wurde. In den ältesten Stollen des Ortes finden sich noch heute Zeugen dieser Vergangenheit: Holzkeile, Schrammeisen und Spitzhacken – stille Zeugnisse einer längst vergangenen Ära. Der Bergbau brachte einst wirtschaftlichen Aufschwung in diese abgelegene Region und war der Grundstein für die Errichtung einer Straße, die bis in diese verborgene Ecke führte.
Und obwohl die Zeiten des florierenden Bergbaus längst vorüber sind, hat Hüttschlag seine Authentizität und seinen bergdörflichen Charakter bewahrt, indem es auf groß angelegte Erschließungsprojekte verzichtete. Heute suchen die Menschen gerade deswegen diesen Ort auf. Hüttschlag, am Ende des Großarltals gelegen, dient mittlerweile als Ausgangspunkt für zahlreiche Touren in die umliegenden Berge und ist damit ein Tor zu Abenteuern in einer atemberaubenden Naturlandschaft.
Durch die Stille des Winterwaldes
Inmitten einer Winterwunderwelt gleite ich durch die Stille. Langsam fallen Schneeflocken von den beladenen Tannenzweigen. Ich folge einer Spur, die sich wie ein sanftes Band durch die funkelnde Schneedecke des offenen Wiesenhanges windet. Tief atme ich die klare, kalte Winterluft ein und lasse sie befreit wieder entweichen. Mit jedem Schritt, den ich den Hang hinaufsteige, durchströmt warmes Blut meine Muskeln, vertreibt die anfängliche Kälte und tauscht sie gegen ein angenehmes Gefühl der Wärme. Schon kurze Zeit später erreiche ich eine Forststraße und biege sogleich nach rechts ab. Doch bereits nach rund 200 Metern verlasse ich sie wieder, um nach links auf den markierten Güterweg in Richtung Karteisalm einzuschwenken.
Der Pfad, der im Sommer als Wanderweg dient, führt mich nun direkt zur Alm. In diesem Moment, losgelöst vom Alltag, tauche ich tief in den Zauber der bezaubernden Winterlandschaft ein. Jeder spontane Eindruck, jedes Detail erfüllt mein Herz mit Freude. Meine Sinne schärfen sich, ich nehme Dinge wahr, die mir zuvor entgangen waren – den Duft des Holzes, das leise Knirschen des Schnees unter meinen Skiern, hier und da ein Rascheln. Ich bahne mir meinen Weg durch den dichten Wald, mal über flache Abschnitte, mal steil ansteigend, mal einem im Weg liegenden Baumstamm ausweichend. Um mich herum herrscht nur Stille, keine Spur von Lärm oder Hektik. Ich bin umgeben von einer unberührten Landschaft im Winterschlaf. Schließlich erreiche ich die Karteisalm und gönne mir eine wohlverdiente Pause in dieser stillen, friedvollen Umgebung.
Im Herzen des endlosen Weiß
Ich folge den Spuren im Schnee, die sich südöstlich ziehen und beginne den Aufstieg durch einen lichtdurchfluteten Lärchenwald. Die Steigung nimmt zu und fordert meine Beinkraft, bis ich schließlich ein weitläufiges Hochplateau am Anfang des Kars erreiche. Hier oben, jenseits der Baumgrenze, breitet sich eine unendliche Weite aus – eine Landschaft, die in reines Weiß gehüllt ist. Keine Bäume, keine Büsche, nichts durchbricht die gleichmäßige, glitzernde Schneedecke. Darüber spannt sich ein klarer, sattblauer Himmel, der das Weiß des Schnees noch intensiver leuchten lässt. Nun stehe ich hier, ein winziger Punkt inmitten der gewaltigen Naturlandschaft, umgeben von den imposanten Berggipfeln, die sich scharf gegen das strahlende Blau des Himmels abzeichnen. Ich fühle mich klein und fast verloren in dieser grandiosen Umgebung. Die intensive Mittagssonne erleuchtet die Bergspitzen und wärmt meine Haut – ein angenehmer Kontrast zur kühlen Frische, die ich noch vor wenigen Minuten in jeder Faser meines Körpers gespürt habe.
Am Scheideweg: Zwei Routen zum Gipfel
Das Gelände auf dem Plateau ist sanft hügelig und bietet eine angenehme Erholung nach der steilen Passage zuvor. In der Ferne zeichnet sich bereits das Gipfelkreuz als verheißungsvolles Ziel ab. Ich bleibe stehen und lasse meinen Blick von links nach rechts schweifen, über einen Gipfel nach dem anderen. Die Umgebung sieht aus, als hätte man einen Eimer weißer Farbe über den sonnenbeschienenen Kessel gegossen. Ein Anblick, der eine Mischung aus Ehrfurcht und innerem Seelenfrieden in mir hervorruft. Nach und nach finden Körper und Geist zu einem harmonischen Gleichgewicht. Meine Schultern entspannen sich, ein untrügliches Zeichen dafür, dass ich tiefer in meine innere Mitte eintauche. Hier, vollkommen in meinem Element, erreiche ich eine ausgeglichene Ruhe und einen vollkommenen Einklang mit mir selbst.
Für den weiteren Aufstieg stehen mir zwei Wege offen. Eine Option ist der Aufstieg in langen, sanften Kehren, die in einer nahezu geraden Linie direkt zum Gipfel führen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, sich rechts zu halten und den Verbindungsgrat zwischen Schattleitenkopf und Kreuzeck anzuvisieren, über den man schließlich zum Gipfel des Kreuzecks gelangt. Der Reiz des Weges über den Grat liegt darin, dass er kontinuierlich eine fantastische Rundumsicht in alle Richtungen bietet.
In den Armen der Berge: Am Gipfel des Kreuzecks
Die bunten Fähnchen am simplen Holzkreuz tanzen lebhaft im Wind und bringen Farbtupfer in die weiße Bergwelt. Der Tappenkarsee, im Sommer ein funkelndes Blau, ruht jetzt still unter einer dicken Schneeschicht. Die Gipfel von Riffel und Glingspitze umschließen das Kreuzeck in einer eleganten, halbmondförmigen Formation, die an die geschwungene Form einer alten Sichel erinnert. In der Ferne, ein wenig abgehoben vom Rest, zeichnen sich Weißeck, Draugstein, Weißgrubenkopf, Schöderhorn und der imposante Hochkönig ab. Sie stehen da, wie alte Freunde, die der Kälte trotzen, jeder mit seiner eigenen, unverwechselbaren Silhouette. Hoch darüber, fast als würden sie den Himmel berühren, erheben sich die Gipfel der Hohen Tauern – Ankogel, Keeskogel und Hochalmspitze. Sie bilden eine beeindruckende Kulisse, die in der Ferne fast surreal wirkt.
Wohin ich auch blicke, eröffnet sich eine Landschaft von unübertroffener Anmut. Ein Reich aus Schnee und Eis, das sich aus jedem Winkel in einer neuen, faszinierenden Weise zeigt. Die Berge wechseln ihre Stimmung: mal sanft und einladend, mal schroff und wild. Jedes Panorama ist einzigartig und atemberaubend. Die Schneemassen, die sich über die Gipfel schmiegen, gleichen schützenden, warmen Wollmützen. Gleichzeitig formen sich die Wechten wie gefrorene Wellen an den Bergflanken.
Gipfelglück: Zwischen Stille und Adrenalin
Am Gipfel angekommen, erlebe ich abwechselnd Momente intensiver Selbstreflexion und Momente vollkommener geistiger Freiheit und Leere, jedoch in einer positiven und befreienden Art und Weise. In solchen Augenblicken verschwindet das Bedürfnis nach Antworten. Ich genieße einfach das Gefühl meiner grenzenlosen Möglichkeiten und die starke Verbindung zu mir selbst, die inmitten dieser majestätischen Berge so intensiv ist wie sonst nirgendwo sonst. Die rohe, ungezähmte Schönheit der Natur, die mich umgibt, lässt alltägliche Sorgen verblassen. Ich empfinde eine tiefe Verbindung zum Hier und Jetzt, fühle mich stark, mutig und selbstbewusst.
Mein Blick fällt auf die Skier, die für mich bereit liegen. Obwohl dieser Ort mir Frieden und Stärke gibt, weiß ich, dass es Zeit ist, mich auf den Weg zu machen. Die Abfahrt verspricht ein besonderes Erlebnis: Weite, sanft geneigte Hänge, auf denen ich meine Spuren wie mit einem Pinsel in den frischen Schnee zeichne. Ich gebe mich ganz dem Rausch der Geschwindigkeit hin, fühle mich leicht und sorgenfrei, fokussiere mich nur auf den nächsten Schwung, die präzise Führung meiner Ski und die ideale Linie. Mein Herz rast, die Augen sind konzentriert auf den Weg voraus, während ich durch den Schnee gleite.
Talwärts vom Kreuzeck: Eine Fahrt durch endlose Schneelandschaften
Die herkömmliche Route für die Abfahrt vom Kreuzeck folgt demselben Pfad, den man bereits beim Aufstieg genutzt hat. Diese Abfahrt führt zunächst über die offene Hänge talwärts bis zur Karteisalm, wobei man sich, sobald der Wald erreicht ist, nahe an der ursprünglichen Aufstiegsspur hält. Bei der Karteisalm angekommen, geht es rechter Hand weiter, tiefer durch den Wald, bis eine Forststraße erreicht wird. Dieser Straße folgt man, bis sie sich wieder mit der Aufstiegsspur vereinigt, die einen zurück zum Ausgangspunkt leitet. Eine alternative Abfahrtsmöglichkeit besteht darin, Richtung Ragglalm zu fahren, dann den Glettenalmweg entlang bis zur malerischen Hallmoosalm. Wichtig ist dabei, die Abfahrt vor der Raggalmhütte zu beenden, um die dortige Wildfütterung nicht zu stören.
Fazit zur Tour: Die Skitour auf das Kreuzeck stellt bei optimalen Wetterbedingungen ein ideales Erlebnis dar, besonders für Einsteiger. Dank der Nordwestlage bleibt der Schnee lange frisch und pulvrig. Vom Gipfel aus öffnet sich ein großartiges Panorama: die majestätischen Gipfel der Hohen Tauern, der imposante Hochkönig und der verschneite Tappenkarsee liegen einem zu Füßen. Die weiten, baumfreien Hänge bieten die perfekte Kulisse für ungestörtes Schneevergnügen. Stell dir vor, wie du, umgeben von der stillen Pracht der Natur, die Hänge hinabgleitest. Der Schnee wirbelt auf, funkelt im Sonnenlicht, und unter deinen Skiern entsteht ein sanftes, rhythmisches Rauschen. Es ist ein Moment purer Freiheit, in dem die Zeit zu stehen scheint und die Sorgen des Alltags verblassen. Du fühlst dich leicht, beflügelt von der endlosen Weite und der ungezähmten Pracht der winterlichen Landschaft.
Für diejenigen, die das Abenteuer erweitern möchten, bietet sich bei guten Schneeverhältnissen ein Abstecher zur Klingspitz (oder Glingspitze) an, die sich stolz mit 2.433 Metern in den Himmel erhebt. Ein kurzer Umweg in Richtung Tappenkarsee leitet den Weg, bevor man sich in südöstlicher Richtung zum Aufstieg auf die Klingspitz aufmacht und das Bergabenteuer mit einem weiteren Gipfel krönt.