Wir schreiben das Jahr 1829. Erzherzog Johann ist Bruder des amtierenden Kaisers von Österreich und passionierter Bergsteiger. Kaum ein Gipfel der österreichischen Gebirgsgruppen ist vor dem ambitionierten Alpinisten gefeit. Im Laufe seines Lebens überquert er das Dachsteinmassiv und das Tote Gebirge, scheitert beim Versuch der Überschreitung der Glocknergruppe und der Erstbesteigung des Großvenedigers. Im malerischen Gasteinertal verbringt der berghungrige Adelige seinen alljährlichen Kuraufenthalt. Dabei liegt ihm ein Gipfel ganz besonders am Herzen. Ein schöner Aussichtsberg, auf dessen einsamer Spitze er 1829 eine kleine Hütte erbauen lässt: der Gamskarkogel.
Inhaltsverzeichnis
Von Bad Hofgastein zum höchsten Grasberg Europas
Noch heute erinnert ein Bild des Adelsmannes in der gemütlichen Erzherzog-Johann-Stube an die historischen Ursprünge der Gamskarkogel-Hütte (2467 m). Mittlerweile führen zahlreiche Wege auf den Gipfel des Berges mit den steilen Grasflanken. Wir starten unsere Tour in der Nähe des Annencafés in Bad Hofgastein und folgen dem Wegweiser in Richtung Gamskarkogel.
Berg | Gamskarkogel und Frauenkogel 2467 Meter und 2424 Meter Bad Hofgastein, Salzburg |
Wandern | Schwierigkeit: mittel Dauer: 8 Stunden Länge: 16,1 Kilometer Aufstieg/Abstieg: 1600 Höhenmeter Höhenprofil & Karte (umgekehrte Richtung) |
Hütte | Rastötzenalm (Grubhütte) Gamskarkogelhütte |
Anfahrt | Parkplatz rund 300 Meter nach dem Annencafé Zum Google Maps Routenplaner |
Hierbei wandern wir meist entlang eines markierten Waldsteiges auf der Südseite des Rastötzentales. Immer wieder queren wir dabei den Kronwald-Güterweg, welcher ebenfalls zur Rastötzenalm führt. Der Weg schlängelt sich wenig spektakulär über Wurzelwerk hinweg durch den Wald, immer wieder erhaschen wir eine Sicht auf Bad Hofgastein. Unsere Oberschenkel sind mehr als aufgewärmt, als wir nach rund zwei Stunden die Rastötzenalm (1740 m) erreichen.
Uriges Almflair auf der Rastötzenalm
Die Kühe grasen friedlich auf der umliegenden Alm, die Ziegen genießen ein ausgiebiges Bad in der Sonne. Die Rastötzenalm auf 1740 Metern Seehöhe (oftmals auch Grubhütte genannt), ist eine authentische Almhütte. Das perfekte Bergidyll und die selbst erzeugten Schmankerl laden zu einer Rast ein. Auch wir gönnen unserer Wadenmuskulatur eine kurze Verschnaufpause und nehmen auf der Terrasse mit Blick auf die Almwiesen Platz. Selbst unter den Ortsansässigen scheint die Alm ein gern besuchtes Ausflugsziel zu sein. Die Wirtin plaudert angeregt mit den Gästen, der neuste Dorftratsch trifft auf neugierige Ohren. Nach einer halben Stunde verabschieden wir uns und brechen zum Gamskarkogel auf.
Steiler Anstieg zur Rauchkogelscharte
Über saftig-grüne Almmatten hinweg und durch Strauchwerk hindurch gelangen wir in einen großen Almkessel, bis schließlich Serpentine um Serpentine hoch zur Rauchkogelscharte führt. Alpenrosen säumen die steilen Kehren, die einige Höhenmeter auf dem Wanderkonto verbuchen. „Nur noch eine Kurve“, schießt es wie ein Mantra durch meinen Kopf. Von oben brennt die Sonne erbarmungslos auf uns herab. Schließlich haben wir es geschafft und stehen Angesicht in Angesicht mit einem imposanten Panorama aus felsigen Spitzen, die höchsten von ihnen mit Schnee bedeckt.
Eine der ältesten Bergsteigerhütten Österreichs
Zu unserer Rechten erblicken wir schon das hölzerne Gipfelkreuz am Rauchkogel (2208 m), zu dessen Köpfl man rund 15 Minuten über einen schmalen Grat marschiert. Zu unserer Linken führt ein geradliniger und ebenerdiger Weg entlang einer Steilflanke zum Gamskarkogel. Hinter der nächsten Geländekante biegen wir abermals nach links in die grasige Westhangmulde des Gamskarkogels. Von hier können wir die Hütte bereits am obersten Zipfel des Berges erspähen. Schritt für Schritt reduzieren wir die Distanz zu unserem Tagesziel und erreichen nach rund vier Stunden Gehzeit die kleine, abgeschiedene Holzhütte.
Nächtigen auf 2467 Metern Höhe
Es ist etwa 16:30 Uhr, als wir an der entlegenen Schutzhütte ankommen. Hüttenwirt Gottfried Härtel begrüßt uns herzlich und zeigt uns sogleich unser Zimmer für die Nacht. Auf der Terrasse herrscht bereits ausgelassene Stimmung, der ein oder anderen Schnapsrunde sei Dank. Im Laufe des Abends gesellen sich noch zahlreiche andere Wanderer zu uns. Die Hütte ist mehr als ausgebucht. Vom frischverliebten Pärchen über die vierköpfige Familie bis hin zu einer Wandergruppe in den Mittfünfzigern mit Vorliebe für Gottfrieds gutes Feuerwasser sind die Gäste bunt gemischt. Erwartungsvoll sitzen wir alle um 19:30 Uhr in der warmen Stube und stieren in Richtung Hüttenküche. „Was uns wohl heute aufgetischt wird?“, frage ich mich erwartungsvoll.
Ein Grazer Hüttenwirt am Gamskarkogel
Die Hüttenleute sind ein eingespieltes Team. Gottfried Härtel hat schon während seines Studiums zwei Jahre Hüttenerfahrung auf der Rojacherhütte am Hohen Sonnblick (3106 m) gesammelt. Seit 2015 ist der gebürtige Grazer Wirt, Hüttenwart, Gästebetreuer, Kellner und Beikoch, kurz gesagt „Mädchen für alles“ auf dem Gamskarkogel. Fernab von Zivilisation und modernster Technik (es gibt kein fließendes Wasser und kaum Strom) bietet die Hüttencrew ihren Gästen ein unvergessliches Bergerlebnis. Stress und Alltagssorgen bleiben dabei gewiss im Tal. Heute steht ein hausgemachter Linseneintopf mit Debrezinern auf dem Speiseplan, inklusive selbst gebackenem Brot. „Stille am Tisch, da muss es gut schmecken“, kommentiert unser Tischnachbar aus Bad Gastein das friedliche Abendmahl. Wir bleiben an jenem Abend trotz guter Stimmung nicht allzu lange wach, denn um 05:30 ist der Wecker bereits für den Sonnenaufgang gestellt.
360-Grad-Rundumsicht zwischen Gasteiner- und Großarltal
Ein Gipfel reiht sich an den anderen. Mit Blick auf die gesamte Gebirgskette der Hohen Tauern zählen wir die Minuten bis zum Sonnenaufgang. Der Ausblick ist wirklich überwältigend und reicht von der Goldberggruppe mit Hohem Sonnblick und Hocharn über die Ankogelgruppe bis hin zur Glocknergruppe, dem Dachstein, dem Steinernen Meer, dem Hochkönig und dem Wilden Kaiser. Langsam blitzt der orange Feuerball zwischen den Berggipfeln empor, schiebt sich immer weiter nach oben und taucht die Landschaft in ein warmes Licht. Der Himmel zeigt sich in den wundervollsten Violett- und Gelbtönen. Der Wind streicht übers Gesicht, die Gedanken verlieren sich, der Kopf fühlt sich leer und frei an. Nach dem optischen Genuss erwartet uns ein gustatorischer. Bergkäse vom Nachbarn auf der Alm, frischgebackenes Brot, Marmelade aus dem Tal und dazu frischgebrühter Kaffee. Gottfried legt Wert auf regionale Produkte – und das schmeckt man!
Gipfelrunde über Frauenkogel und Tennkogel
Nach dem ausgiebigen Gipfelfrühstück packen wir unsere Habseligkeiten in den Rucksack und starten zum Abstieg. Hierfür wählen wir allerdings die Route über den Frauenkogel. Gleich hinter der Hütte steigen wir zunächst kurz hinab, um anschließend über einen Gratweg zum Frauenkogel (2424 m) wieder aufzusteigen. So früh am Morgen sind wir die ersten Wanderer und genießen die Stille der erwachenden Natur. Abermals bergab und bergauf geht es weiter zum Tennkogel (2333 m), ein eher unspektakulärer Grasberg. Wir folgen dem ausgetretenen Pfad und gelangen schließlich zur Schmalzscharte (2159 m). Über blumengesäumte Almwiesen und vorbei an plätschernden Bächen führt uns der Weg zurück zur Rastötzenalm. Dort angekommen legen wir erneut eine kurze Pause ein, bevor wir uns auf den Rückweg zum Parkplatz machen.
Alle Infos zur Wanderung auf den Gamskarkogel
Fazit zur Tour: Schon bei meinem Besuch im Großarltal stand der Gamskarkogel auf meiner Liste, leider war damals nicht ausreichend Zeit. Umso mehr habe ich mich auf diese Wanderung gefreut. Was den Weg betrifft, so ist die Tour sehr einfach, denn es gibt keine ausgesetzten Stellen. Nichtsdestotrotz dauert die gesamte Wegstrecke etwa 8 Stunden (reine Gehzeit). Ich kann nur empfehlen, die Wanderung auf zwei Tage aufzuteilen und eine Übernachtung auf dem Gamskarkogel einzuplanen. Die Aussicht und der Sonnenaufgang waren wirklich beeindruckend. Dieses Erlebnis sollte man sich nicht entgehen lassen. Ganz nach dem Vorbild von Erzherzog Johann.
Die Zweitagestour im Überblick:
- Parkplatz Nähe Annencafé (1074 m) – Rastötzenalm (1740 m): 2 Stunden
- Rastötzenalm – Gamskarkogel (2467 m): 2 Stunden
- Gamskarkogel – Frauenkogel (2424 m): 20 Minuten
- Frauenkogel – Schmalzscharte (2159 m): 40 Minuten
- Schmalzscharte – Rastötzenalm: 1 Stunde
- Rastötzenalm – Parkplatz Nähe Annencafé: 2 Stunden
Mein Tipp: Es besteht die Möglichkeit, vom Annencafé mit dem Wandertaxi zur Rastötzenalm zu fahren. Dadurch erspart man sich 2 Stunden Gehzeit, was die Tour für weniger konditionierte Wanderer vereinfacht. Reservierung nur beim Taxi Rudigier unter Tel.: +4364326611.