Gleich am Start des Weges leuchtet es uns mit seinem satten Grün entgegen: Das grüne Steiermark-Herz, Symbol des Tourismusverbandes der Steiermark. Genau in diesem Moment überschreiten wir die Grenze von Oberösterreich in die Steiermark, denn der Hohe Sarstein liegt genau zwischen den beiden Bundesländern. Die Steiermark empfängt uns sanft. Der Weg führt zunächst gemütlich durch den Wald, bis wir den tiefsten Punkt des Steilabbruchs im Kargebiet zwischen dem Niederen und dem Kleinen Sarstein erreichen. Ich strecke meinen Kopf in die Höhe.
Inhaltsverzeichnis
Einen Gang zurück
Beim ersten Blick auf die felsige und luftige Route leuchten meine Augen auf und eine unaufhaltsame Welle der Begeisterung durchströmt mich. Das raue und kalte Gefühl des Felsens unter meinen Händen lässt mich eine tiefe Verbindung zur wilden Natur um mich herum spüren. Die schroffe Landschaft zieht mich in ihren Bann und mit jedem Schritt tauche ich tiefer in das Felsenmeer ein. Es ist, als würden mich die Berge in eine andere Welt entführen, in der nur der gegenwärtige Moment zählt – ein Ort, an dem weder Vergangenheit noch Zukunft existieren, sondern nur das Hier und Jetzt. Die Berge erlösen mich aus einer Diktatur von Lärm, Terminen und Beschleunigung. Sie zwingen mich zu bedächtigen Schritten, zu geduldigen Serpentinen und wohlüberlegten Tritten und Griffen. Es ist wie eine Therapie, die der Berg für uns gehetzte, abgelenkte und überforderte Menschen bereithält.
Berg | Hoher Sarstein 1975 Meter Passhöhe zwischen Bad Goisern, Oberösterreich und Bad Aussee, Steiermark |
Skitour | Schwierigkeit: schwerer Bergweg mit einer kurzen gesicherten Passage (A) Dauer: 6 Stunden Länge: 8,5 Kilometer Aufstieg/Abstieg: 1020 Höhenmeter Höhenprofil & Karte |
Hütte | Keine, außer man geht den Rundweg über die Sarsteinalm |
Anfahrt | Parkplatz am Pötschenpass Zum Google Maps Routenplaner |
Felsiges Verlangen
Nachdem wir ein bewachsenes Schuttfeld passiert haben, queren wir nach rechts zu einer Felsstufe. Anschließend folgen wir einem ausgesetzten Pfad, der stellenweise zusätzlich mit einem Stahlseil gesichert ist. Die Konzentration auf den Weg fordert mich heraus und hilft mir, komplett abzuschalten. Je technischer und anspruchsvoller die Tour, desto größer ist meine Freude am Ende. Es ist das Gefühl des Triumphs nach einem anstrengenden Aufstieg, das ich immer wieder suche. Das Abenteuer, das Ausreizen meiner Grenzen und der Adrenalinschub – diese Erfahrung kann süchtig machen. In Schlangenlinien führt uns der Weg über Felspassagen, Wasserrinnen, ausgehauene Stufen. Am Fuße der Felswände dringen wir immer weiter in das Felsmassiv vor. „Ah, genau das liebe ich“, bekräftige ich meine Entscheidung, den direktesten und steilsten Weg auf den Sarstein gewählt zu haben. „Ich finde es auch fantastisch“, schallt die begeisterte Antwort zurück. Geschickt windet sich der Steig zwischen Schutt und großen Steinblöcken bergauf.
Atem der Weite
An der rechten Seite des steilen Kares folgen wir dem Wegverlauf nach oben. Nach einer kurzen steilen Stufe erreichen wir ein Hochtal, das in einen grasigen Sattel führt. An diesem Frühlingstag müssen wir noch ein paar Schneefelder überqueren – letzte Erinnerungen an die vergangenen Wintermonate. „Schau mal, dort hinten ist eine Hütte“, zeige ich mit dem Finger in die Ferne. Bei einer Wegteilung kreuzt sich unsere Tour mit dem Normalanstieg auf den Sarstein, der von der Sarsteinalm heraufführt. Die auf 1.711 Meter Seehöhe gelegene Hütte ist im Sommer bewirtschaftet. Für uns geht es weiter durch die Latschen immer näher zum Gipfel empor.
„Wahnsinn, sieh dir das an!“, rufe ich aus, als wir endlich den Gipfel erreichen. Die vergletscherten Flanken des Dachstein-Gletschers funkeln mir sofort entgegen, während sein weißer Mantel unter der strahlenden Sonne glänzt. „Von hier sieht man direkt auf den Gletscher“, schwärme ich. Ich lasse meinen Blick über den eisigen Riesen schweifen, der majestätisch und unberührt in der Landschaft thront. „Was für eine Aussicht“, flüstere ich.
Als ich den Dachstein Gletscher sehe, bin ich tief beeindruckt von seiner gewaltigen und zeitlosen Schönheit. Die große Eisfläche unter einem klaren blauen Himmel lässt mich die Größe und Kraft der Natur spüren.
Grenzen sprengen
Nach Norden gerichtet, entfaltet sich vor mir ein atemberaubendes Panorama, das mein Herz mit Weite füllt. Die majestätischen Gipfel des Gosaukamms und der Salzkammergut-Berge stehen wie stolze Wächter in einer schier endlosen Reihe. Mein Blick wandert weiter, vorbei am Katergebirge und über den markanten Schafberg bis hin zum imposanten Traunstein und dem felsigen Tennengebirge. In der Ferne heben sich die Hohen Tauern vom Horizont ab, so nah, dass es scheint, als könnten meine Gedanken über ihre Gipfel streifen und die verborgenen Welten dahinter erkunden. Eingebettet in die schützenden Arme des Toten Gebirges, schimmern der Altausseer See, der Hallstättersee und der Grundlsee wie tiefblaue Perlen.
In diesem Augenblick fühle ich mich grenzenlos und frei, fast so wie die Dohlen, die um uns herumflattern, stets auf der Suche nach einem Stückchen Brot. Ihre neugierigen Augen fangen jeden unserer Schritte ein, während sie in der klaren Bergluft ihre Kreise ziehen. Die schwere Last des Alltags hat sich längst verflüchtigt, zurück bleibt nur die reine Essenz der Freiheit und des Friedens.
Die Kunst des Verweilens
Oben am Gipfel verfliegt die Zeit wie im Fluge. Fast eine ganze Stunde verweilen wir dort. „Hast du noch ein Ei?“, frage ich, während ich noch auf meinem Käsebrot kaue. Wir sitzen allein auf diesem wunderbaren Aussichtsberg. Mittlerweile haben sich die Wolken vor die Sonne geschoben. Ich schaue in alle Himmelsrichtungen und lasse den Blick über die endlosen Weiten schweifen. Die Landschaft ist ein Mosaik aus schroffen Felsen und sanften Hügeln, die sich zu einem fantastischen Kunstwerk vereinen. Es ist mucksmäuschenstill, abgesehen vom gelegentlichen Rauschen des Windes.
Am liebsten würde ich das schöne Gefühl, das ich hier oben habe, in eine Flasche füllen und mit ins Tal nehmen. Damit ich einen Schluck davon nehmen kann, wenn ich mich schlecht fühle oder das Leben zu viel von mir verlangt. Aber mir ist klar, dass das nicht geht. Das macht mich aber nicht traurig. Denn ich weiß, ich kann jederzeit hierher zurückkommen, um mir ein Stück von diesem Glück wiederzuholen. Und es ist wohl genau diese Sehnsucht, die mich wieder auf die Berge steigen lässt.
Zu recht beliebt
Fazit zur Tour: Die Besteigung des Hohen Sarsteins gilt als eine der schönsten Touren im Salzkammergut, vor allem wegen des atemberaubenden Ausblicks, den sie bietet. Die hier vorgestellte Route zum Gipfel ist die kürzeste Variante, um diesen herrlichen Aussichtsberg zu erklimmen. Diese anspruchsvolle Bergtour beinhaltet eine kurze, gesicherte Passage und erfordert aufgrund der streckenweise sehr steilen Wege eine gewisse Erfahrung im Bergsteigen sowie im leichten Klettergelände.
Für all jene, die die hier vorgestellte Tour zu einer Rundwanderung erweitern möchten, bietet sich eine Abzweigung an der Wegkreuzung zur Sarsteinalm an. Der Weg führt dann steil neben dem tief eingeschnittenen Rotengraben hinunter und quert auf etwa 1000 Metern Seehöhe nach rechts zur Simony-Aussicht. Über einen Forstweg gelangt man schließlich zur Pötschenstraße, von wo aus man entweder per Autostopp oder zu Fuß zurück zum Ausgangspunkt auf der Passhöhe kommt. Diese Route umfasst insgesamt 1250 Höhenmeter und eine Strecke von 10,5 Kilometern. Die Gesamtgehzeit beträgt etwa 6,5 Stunden.
Besonders beliebt ist als weitere Variante die Überschreitung des Hohen Sarsteins. Vom Gipfel führt der Weg hierfür entlang eines zwei Kilometer langen, sanft abfallenden Rückens in Richtung Süden. Im Bereich des Grubkogels schlängelt sich der Pfad durch idyllische Almwiesen bis zur Sarsteinhütte. Von dort aus steigt der Weg entlang eines steilen Waldrückens an, biegt nach links ab und windet sich in zahlreichen Serpentinen neben dem Brettsteingraben und durch den malerischen Sarsteinwald. Schließlich führt die Route am Friedhof vorbei zur darunter liegenden Kirche und endet am Bahnhof von Obertraun. Wer die gesamte Strecke zu Fuß zurücklegt, bewältigt dabei fast 1600 Höhenmeter und eine Distanz von 24 Kilometern. Mit Unterstützung von Bahn bzw. Bus oder einem zweiten Auto verringert sich die Strecke auf 1450 Höhenmeter und 14,5 Kilometer.
Hier findest du die genaue Routenbeschreibung für die Sarstein-Überquerung von Bad Goisern nach Obertraun:
- Höhenprofil & Karte (nur zu Fuß)
- Höhenprofil & Karte (mit Bahn- bzw. Busunterstützung oder zwei Autos)