Wie jeden Sonntag ruft die Kirchenglocke lautstark zur Andacht. Die Dorfbewohner pilgern gewissenhaft in Richtung des Gotteshauses – alle bis auf einen. Auf einer der schönsten Almen der Region lebt ein übermütiger Hirte. Frischer Krapfenduft strömt aus seiner Stube. Fluchend und singend macht er sich daran, die Schuhe zu flicken, anstatt zum Sonntagsgebet zu erscheinen. Selbst die beschwörenden Worte eines alten Mannes können ihn nicht von dem gottlosen Treiben abhalten. Plötzlich verdunkelt sich der Himmel, der Donner kracht und vom Hirten bleibt nicht mehr als ein kahler Felsen übrig, der als Mahnmal noch heute den Namen „Schuhflicker“ trägt.
Inhaltsverzeichnis
Wenn das Wetter nicht mitspielen will
Es ist acht Uhr morgens in der Bergwelt zwischen Dorfgastein und Großarl. Wir blicken aus dem kleinen Fenster der Aualm-Hütte (1795 m). Draußen regnet es in Strömen. Ich nippe an meinem Früchtetee und versuche, gute Miene zum schlechten Wetter zu machen. Laut Wettervorhersage hätte es am Vormittag noch regenfrei bleiben sollen, sogar auf das reichhaltige Hotelfrühstück haben wir deshalb schweren Herzens verzichtet. Das Wettertief versetzt unserer Motivation einen ordentlichen Dämpfer. Eine halbe Stunde harren wir bereits in der Hütte aus, als sich die Wolken plötzlich lichten und der Regenguss eine Pause einlegt. Die Sonne lässt sich zwar noch nicht blicken, doch wir nutzen die Gunst der Stunde und starten unsere Wanderung.
Berg | Schuhflicker 2214 Meter Großarl, Salzburg |
Wandern | Schwierigkeit: mittel Dauer: 3,5 Stunden Länge: 4 Kilometer Aufstieg/Abstieg: 450 Höhenmeter Höhenprofil & Karte |
Hütte | Aualm |
Anfahrt | Parkplatz bei der Aualm Zum Google Maps Routenplaner |
Irrtümlicher Gipfelsieg
Unser Auto lassen wir am Parkplatz der Aualm stehen. Alternativ kann man die Forststraße auch hochwandern (ca. 1,5 Stunden). Wir marschieren entlang des Weges 34B zügig in Richtung Liechtensteinkopf, den wir schon nach einer halben Stunde erreichen. Leider hängen die Nebelschwaden so tief im Tal, dass uns der Blick auf das Bergland des Großarltals verwehrt bleibt. Der weitere Weg führt leicht ansteigend durch malerische Blumenfelder zum Wetterkreuz am Aukopf. Da es mittlerweile wieder leicht nieselt und uns die Wolken die Sicht versperren, glauben wir im ersten Moment bereits am Gipfel angekommen zu sein. Zu früh gefreut, denn hinter dem kleinen Kreuz beginnt erst der eigentliche Anstieg zum Schuhflicker (2214 m).
Sagenhafte Sicht vom Schicksalsberg
Das Wetter dreht abermals und die Nebeldecke verabschiedet sich ins Tal. Nun treten die beiden mächtigen Felsgestalten aus dem Dunst hervor. Wir folgen dem Pfad unterhalb der Arlspitze, dem vorderen Gipfel des Schuhflickers. Anschließend wandern wir über eine Grasflanke, bis wir über einen kurzen Grat den höchsten Punkt des Schuhflickers erreichen. Unterhalb der Bergspitze, 20 Minuten Wegzeit entfernt, befindet sich der Schuhflickersee, welcher an diesem Tag jedoch mit Schnee bedeckt ist. Obwohl es keinen Zu- oder Abfluss zu diesem Naturjuwel gibt, bleibt der Wasserspiegel stets konstant. Auch um den See rankt sich eine Sage, er soll nämlich unterirdisch mit dem Tappenkarsee in Kleinarl verbunden sein. Angeblich habe man ein Wagenrad, das in den Tappenkarsee gefallen ist, im Schuhflickersee gefunden.
Durchnässter Abstieg zurück zur Aualm
Am Zenit des Schuhflickers erfreuen wir uns eines wunderschönen Blickes auf das Gasteinertal und seine Gebirgsstöcke, die Sicht reicht bis zur Glocknergruppe. Für den Abstieg gehen wir zurück zum Wetterkreuz und noch ein Stückchen weiter, bis wir wieder zum Wegweiser gelangen. Hier wählen wir als alternative Route den Weg 34 über den Austuhl zur Aualm. Trocken schaffen wir es leider nicht mehr zur Hütte – vielmehr sind wir nass bis auf die Unterhose. Aber Gott sei Dank ist heute Montag und uns ereilt kein Groll von oben.
Fazit zur Tour: Der Ausflug auf den Schuhflicker ist keine allzu schwere Bergwanderung. Lediglich im Gipfelbereich wird Trittsicherheit vorausgesetzt. Wenn man mit dem Auto bis zur Aualm fährt, ist die Tour sehr gut als Halbtagsaktivität machbar. Wer mehr Zeit hat, kann die Wanderung auch verlängern, zum Beispiel zu den Paarseen, zur Schiedalm oder auf die Höllwand.