Die schroffen Zacken der Sextner Dolomiten erscheinen aus der Ferne wie die Zähne eines schlafenden Riesen. Sie durchbrechen den Himmel mit einer majestätischen Entschlossenheit, die einem den Atem raubt. Die scharfkantigen Gipfel schaffen eine beinahe übernatürliche Schönheit, die mein Herz sofort schneller schlagen lässt. Einige Jahre sind vergangen, seitdem ich zuletzt hier war. Es ist ein Ort, an dem so viele meiner Erinnerungen und Emotionen verwurzelt sind. Beim Anblick der Bergszenerie durchströmt mich ein Gefühl von Wärme und Vertrautheit. Es ist, als ob die Zeit stillgestanden hätte und ich in die vergangenen Seiten meines Lebensbuches eintauche.
Berg | Oberbachernspitze 2766 m Sexten, Südtirol |
Wandern | Schwierigkeit: schwerer Bergweg Dauer: 7 Stunden Länge: 18 Kilometer Aufstieg/Abstieg: 1237 Höhenmeter Höhenprofil & Karte |
Hütte | Talschlusshütte Zsigmondy-Hütte Büllejochhütte |
Anfahrt | Gebührenpflichtiger Parkplatz Fischleintal Zum Google Maps Routenplaner |
Inhaltsverzeichnis
Wieder im Herzen der Sextner Dolomiten
Vom Parkplatz im Fischleintal führt eine Schotterstraße bis zur Talschlusshütte. Von dort folgen wir dem Wegweiser in Richtung Zsigmondy-Hütte. Über teils latschenbewachsene, teils stein- und felsdurchsetzte Hänge führt ein mäßig ansteigender Wanderweg am Fuße des Einserkofels und der Kanzel immer tiefer in die Welt der Dolomitenberge. Schon bald stehen wir direkt vor dem Zwölferkofel, welcher sich wie eine gewaltige Pyramide aus dem umliegenden Gebirgsmassiv erhebt. Langsam kämpfen sich auch immer mehr Sonnenstrahlen über seine steilen Flanken und wärmen mein Gesicht. Links von mir blicke ich in Richtung Hochbrunnerschneid und Alpinisteig, der sich durch die Felsflanke des Elferkofels zieht. Wir halten uns jedoch rechts und erreichen schließlich die idyllisch gelegene Zsigmondy-Hütte. Ganz so, als wäre es erst gestern gewesen, erinnere ich mich daran, wie ich einst hier übernachtete und den zauberhaften Sonnenaufgang von der Terrasse aus in vollen Zügen genoss.
Gefaltet und zerklüftet: Vorbei an zackigen Giganten
Von hier aus folgen wir dem gut markierten Weg 101 zur Büllejochhütte. Die Luft ist klar und frisch und die ersten Schritte auf dem Pfad führen durch sanfte alpine Wiesen, die von bunten Bergblumen gesäumt sind. Beim letzten Besuch hatte ich sogar das Glück, hier die scheuen Murmeltiere zu erspähen, doch heute zeigen sie sich uns leider nicht. Mein Blick geht nach oben zu den erhabenen Gipfeln der Dolomiten, die in der Morgensonne erstrahlen. In der Nebensaison ist dieser sonst sehr beliebte Weg tatsächlich ein Ort der Ruhe und des Friedens, der die Gedanken klärt und die Sinne schärft. Mit jedem Schritt, den ich mache, werde ich von der Schönheit der Landschaft verzaubert. Die Berge scheinen sich vor mir aufzutürmen und ich fühle mich winzig inmitten dieser eindrucksvollen Natur. Die Route führt weiter über felsiges und schrofiges Gelände, bis wir schließlich das Oberbachernjoch erreichen.
Hier oben breitet sich ein atemberaubendes Panorama aus. Vor mir erstrecken sich die berühmten Drei Zinnen, markant und ehrwürdig, als ob sie die Krone dieser prachtvollen Bergwelt bilden würden. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie überwältigend dieser Anblick ist. Ich fühle mich dankbar, an einem solch verzauberten Ort zu sein. Was für Naturkräfte müssen einst gewirkt haben, um diese einzigartigen Formationen aus Kalk- und Dolomitengestein zu erschaffen?
Im Bann der Geschichte
Der Blick auf die gezackten Dolomiten ist wie der Anblick eines Meeres aus steinernen Wellen. Stolze Türme und wilde Bergspitzen ergeben eine dramatische Silhouette. Die scharfen Konturen verleihen der Landschaft ein beinahe surreal wirkendes Aussehen. Die Dolomiten im Herbst sind überdies ein wahres Fest der Farben, eine Symphonie aus warmen Brauntönen und leuchtendem Orange – ganz anders als bei meinem letzten Besuch im Hochsommer. Ich spüre ein wenig Nostalgie in mir aufkommen. Die vertraute Umgebung lässt Erinnerungen hochleben und für einen kurzen Augenblick fühle ich noch einmal die Freuden und Herausforderungen von damals. Unser nächstes Etappenziel ist die Büllejochhütte, die höchstgelegene und kleinste Schutzhütte im Naturpark Drei Zinnen. Neben der Hütte zweigt der Weg zur Oberbachernspitze ab, die nur etwa 30 Gehminuten entfernt liegt.
Schon nach kurzer Zeit kommen wir an den ersten verfallenen Schützengräben und Stellungen vorbei. Stacheldraht und verrostete Konservendosen säumen den Wegesrand. Denn im Ersten Weltkrieg, genauer gesagt zwischen 1915 und 1917, verwandelte sich die malerische Bergwelt in eine grausame Frontlandschaft, an der die Armeen des Königreichs Italien und Österreich-Ungarn einen erbitterten Gebirgskrieg unter schwierigen alpinen Bedingungen führten. Um sich vor den extremen Witterungsbedingungen und den Gefahren des Gebirges zu schützen, gruben die Soldaten beider Seiten ein umfangreiches Netz von Tunneln und Schützengräben in den Dolomiten. Auch wir marschieren durch einen dieser Stollen hindurch. Immer wieder muss ich daran denken, wie einst tausende Menschen ihr Leben gelassen haben. Unweigerlich reflektiert man die Sinnlosigkeit eines solchen Krieges und doch sind die Relikte eine Erinnerung daran, wie wichtig es ist, den Frieden zu bewahren.
Die Welt zu Füßen: Am Gipfel der Oberbachernspitze
Am Gipfel der Oberbachernspitze angelangt, überwiegen wieder die schönen Gefühle. Als ich dort oben stehe, fühle ich mich wie ein winziger Punkt inmitten einer überwältigenden Welt aus Fels und Himmel. Die schroffen Zacken der Dolomiten erstrecken sich in alle Richtungen. Die Welt scheint auf einmal unendlich zu sein, während ich all meine Gedanken und Sorgen hinter mir lasse. Besonders eindrucksvoll ist der Ausblick auf die Sextner Rotwand, den Elferkofel, den benachbarten Einserkofel, die Hochbrunnerschneid, die Drei Zinnen, den Zwölferkofel und die Dreischusterspitze. Für Ende Oktober ist es ungewöhnlich warm und wir nehmen uns bewusst viel Zeit, um die Aussicht auf die herbstlichen Farben der Dolomiten in all ihrer Pracht zu genießen, bevor wir auf demselben Weg zurück zur Büllejochhütte absteigen.
Von der Büllejochhütte wandern wir schließlich weiter zum Büllejoch, gehen noch ein kurzes Stück entlang des Weges und biegen dann aber nach rechts zum Unteren Bödensee ab. An dieser Stelle musst du sehr aufmerksam sein, um die Abzweigung nicht zu übersehen. Während wir über Geröll und Schutt marschieren, blicken wir direkt auf die Dreischusterspitze, den höchsten Berg in den Sextner Dolomiten. Ihre schroffen Kämme und die steilen Flanken verleihen ihr ein imposantes und kraftvolles Erscheinungsbild. Wir setzen unsere Wanderung fort und je weiter wir vorankommen, desto sanfter wird das Gelände, bis wir letztlich entlang eines plätschernden Baches zurück zur Talschlusshütte gelangen.
Unendliche Schönheit, unendliche Schätze
Nach diesem herrlichen Wandertag durchströmt mich ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit und des Glücks. Die körperliche Anstrengung in meinen müden Beinen ist natürlich spürbar, doch in diesem Moment schenke ich ihr weniger Beachtung. Vielmehr empfinde ich die innere Ruhe und Ausgeglichenheit, die mir dieser Tag inmitten der bizarren Felslandschaft geschenkt hat. Und obwohl ich die Route bereits einmal gegangen bin, fühle ich, dass sie sich diesmal mit einer besonderen Magie umhüllt. Die Erinnerungen an meine vorherigen Abenteuer in dieser faszinierenden Landschaft vermischen sich mit den Eindrücken des heutigen Tages. Und in diesem Augenblick wird mir klar, dass, egal wie oft man denselben Weg durchwandert, die Schönheit niemals verblasst und es immer wieder neue Schätze zu entdecken gibt.
Fazit zur Tour: Die Wanderung zur Oberbachernspitze in den Sextner Dolomiten verspricht nicht nur ein unvergessliches Abenteuer auf einfachen, nicht ausgesetzten Wanderwegen, sondern bietet auch fesselnde Einblicke in ein dunkles Kapitel der Geschichte, da Wandernde immer wieder auf historische Überreste aus dem Zweiten Weltkrieg stoßen – eine bewegende Ergänzung zur atemberaubenden Naturkulisse.
Du kannst die atemberaubende Bergwelt rund um die Oberbachernspitze auf vielfältige Weisen erleben: Entweder entscheidest du dich für die Hauptsaison und genießt eine beeindruckende Tagestour oder du erweiterst die Tour zu einem unvergesslichen Mehrtagestrip, indem du in den Hütten übernachtest. Eine weitere Option ist die Nutzung der Nebensaison, um die Menschenmassen zu vermeiden, auch wenn die Hütten zu dieser Zeit oft geschlossen sind.
Doch unabhängig von deiner Wahl ist es unumgänglich, die fesselnde Landschaft, die großartigen Gipfel und die unberührte Natur mit eigenen Augen zu sehen, um zu verstehen, wie sie die Sinne berühren. Die anspruchsvolle Route erfordert körperliche Ausdauer, doch die Belohnung des Gipfelerfolgs und die überwältigende Freude, die sich beim Blick auf die atemberaubende Umgebung einstellt, sind schwer in Worte zu fassen. Dieses Erlebnis schafft unvergessliche Erinnerungen und ist ein Highlight für alle Naturliebhaber und Abenteurer.
Deine Touren sind wirklich beeindruckend, man kann mit fühlen welche Emotionen da aufkommen, so wunderschön ist die Natur und doch sind wir Menschen daran diese zu zerstören ,welch eine Grausamkeit.
Liebe Irmi,
Vielen Dank für dein schönes Feedback! Die Natur ist wirklich atemberaubend, und es ist wichtig, sie zu schützen.
Liebe Grüße,
Simone
Ich kenne die Gegend gut.
Sie haben sehr gefühvoll kommentiert- aber weniger gut fotografiert – zupacken wäre das Rezept! Trotzdem, weiterhin schöne Bergtouren und Berichte!
Hallo!
Vielen Dank für dein ehrliches Feedback! Du hast absolut recht, Fotografie ist in vieler Hinsicht subjektiv und was für den einen möglicherweise nicht ansprechend ist, kann jemand anderem durchaus zusagen. 😊
Liebe Grüße,
Simone