Der Morgen beginnt kalt und klar, der Schnee glitzert unter der sich absenkenden Sonne. Ich kann das Brechhorn schon von weitem sehen. Mein Atem formt kleine Wolken in der scharfen Bergluft, während ich Schritt für Schritt dem Gipfel entgegengehe. Vor mir erstreckt sich der letzte Anstieg wie ein weißes Meer aus Schnee. Hinter mir? Nichts. Kein Geräusch, keine Bewegung – nur die Spuren der Skier im Schnee. Es ist, als hätte die Welt mich für einen Moment vergessen – hier, inmitten dieses stillen Winterparadieses. Im Winter ist alles intensiver. Die Freiheit hier oben ist wie ein tiefes Durchatmen, das die Brust weitet. Aber zugleich spüre ich dieses leichte Kribbeln in meinem Nacken – eine Mischung aus Ehrfurcht und Respekt. Die Berge sind rauer, kompromissloser. Sie verzeihen weniger, und das macht jeden Schritt bewusster. Es ist, als würde ich gleichzeitig getragen und geprüft.
Berg | Brechhorn 2031 Meter Aschau im Spertental, Tirol |
Skitour | mittelschwere Skitour Dauer: 3,5 Stunden Länge: 10 Kilometer Aufstieg/Abstieg: 1030 Höhenmeter Hangrichtung: Ost und Südost Höhenprofil & Karte |
Anfahrt | Parkplatz vor der Mautstelle zwischen Oberlandhütte und Ebenaualm Zum Google Maps Routenplaner |
Inhaltsverzeichnis
Zwiegespalten
Je näher ich dem Gipfel komme, desto stärker wird dieses Wechselbad der Gefühle. Ich bin überwältigt von der Schönheit um mich herum – die unberührten Hänge, das glitzernde Licht, diese absolute Stille. Und doch spüre ich auch die Spannung, die Verantwortung. Ein falscher Schritt, und diese Freiheit kann kippen. Es ist ein schmaler Grat zwischen Glück und Vorsicht, zwischen überwältigender Freude und einer leisen, unterschwelligen Anspannung. Vielleicht ist es genau das, was mich hierherzieht: dieses Gefühl, lebendig zu sein, wirklich lebendig, in jedem Atemzug, in jedem Schritt.
Das Brechhorn zählt zu den beliebtesten Skitourenzielen in den Kitzbüheler Alpen und liegt unweit der idyllischen Ortschaft Aschau im Spertental. Mein Ausgangspunkt ist der großzügige Parkplatz nahe der Mautstelle, zwischen der Oberlandhütte und der Ebenaualm gelegen. Von hier aus führt der Weg zunächst über eine kleine Brücke, die den glitzernden Bach überspannt, hinüber zu den gemütlichen Häusern der Ebenaualmen. Zwischen den urigen Gebäuden wähle ich den Pfad, der nach links abzweigt, und folge ihm zu den weiten, verschneiten Hängen.

Schneerieseln
Der Aufstieg beginnt sanft, die Spur zieht sich schräg rechts den Hang hinauf. Nach und nach führt der Weg weiter nach rechts, bis sich schließlich die weißen Wiesen der Durachalm vor mir ausbreiten. Ich lasse die Almhütten links liegen und folge einem Pfad, der leicht ansteigt. Zwischendurch geben die Bäume den Blick auf das Kaisergebirge im Norden frei, dessen Gipfel wie ein zerrissenes Band aus Fels aussehen. Dann schwenkt er wieder zurück auf die Spur vor mir, die sich durch einen unendlichen weißen Teppich zieht. Manchmal löst sich ein Schneeklumpen von den Ästen, fällt dumpf zu Boden und hinterlässt ein kleines, klares Loch in der makellosen Decke. Der Weg zieht sich angenehm durch die breite Waldschneise, und ich merke, wie ich langsam meinen Rhythmus finde. Schritt für Schritt arbeite ich mich nach oben, bis ich schließlich den Grat erreiche. Vor mir liegt der Duracher Kogel – keine spektakuläre Erhebung, aber ein guter Ort, um kurz stehenzubleiben, durchzuatmen und die Umgebung auf mich wirken zu lassen.

Wo die Gedanken verstummen
Die Berge hüllen sich in eine Stille, die sich anfühlt wie eine warme Decke für den Kopf. Der Wind streift mein Gesicht, als wollte er alte Gedanken wegfegen. Der Schnee trägt jeden Schritt, als würde er wissen, wie weit der Weg noch ist. Hier oben scheint die Welt größer, aber gleichzeitig so viel vertrauter. Es ist schwer zu beschreiben, was die Berge mir hier oben geben. Ob es mich freut, früh morgens am Wochenende aus dem Bett zu kriegen? Ganz ehrlich, nein. Ob ich dann gerne 1,5 Stunden im Auto sitze? Eher weniger. Der Gedanke, sich noch einmal in die Decke zu kuscheln, ist verlockend. Doch dann – die Tourenschuhe schnüren, das Klacken der Bindung, die ersten gleitenden Schritte über den Schnee – fällt etwas ab. Fast unmerklich, aber fühlbar. Und je mehr Höhenmeter ich zurücklege, desto leichter scheint alles zu werden. Nicht nur, weil der Rucksack sich durch den Proviant leert, sondern weil auch der Kopf freier wird.


Die schneebedeckten Hänge leuchten im ersten Morgenlicht, als wollten sie mich willkommen heißen. Tannenzweige biegen sich unter der weißen Last, und im Schnee erzählen feine Tierspuren von einer Welt, die unbemerkt neben meiner existiert. Der Blick in die Ferne öffnet Räume, die größer sind als alle Sorgen, und jeder Schritt fühlt sich an wie ein kleines Stück Freiheit, das ich mir erobere. Es gibt tausend Dinge, die mich fesseln: das glitzernde Funkeln des Schnees, die Art, wie die Wintersonne meine Haut kitzelt, oder das Knirschen unter den Skiern, das wie ein leises Gespräch mit der Natur klingt. Und dann sind da noch tausend Dinge, die hier oben einfach verschwinden – Gedanken, To-dos, Zweifel. Alles schrumpft auf das Wesentliche zusammen: Bewegung, Natur, Stille. Und genau das macht mich lebendig.

Spuren im Schnee, Linien im Fels
Vor mir liegt der Duracher Kogel – keine spektakuläre Erhebung, aber ein guter Ort, um kurz innezuhalten, durchzuatmen und die Landschaft auf mich wirken zu lassen. Vom Duracher Kogel folge ich zunächst dem Grat, doch schon bald nach der Breitlabalm biegt der Weg leicht nach links ab, um zwei kleinere Erhebungen zu umgehen. Immer wieder führt er in kleine Senken hinunter, bevor der nächste nstieg beginnt. Der Schnee knirscht bei jedem Schritt und die Ruhe hier oben fühlt sich beinahe greifbar an. Von diesem kuppigen Vorgipfel bietet sich ein fantastischer Ausblick.Wie eine gewaltige steinerne Pyramide ragt der Große Rettenstein aus der Landschaft empor – scharfkantig und kraftvoll. Seine abschüssigen Flanken und scharfen Konturen erscheinen wie mit einem Messer gezogen. Der Gipfel ist zerfurcht und zerklüftet, als hätte die Zeit ihn geformt und gezeichnet. Die Hänge erinnern an die Mauern einer alten Festung, massiv und unbeugsam. Ich bleibe kurz stehen, lasse den Blick über die markanten Felsen gleiten und spüre, wie dieser stille Felsriese für einige Minuten meine ganze Aufmerksamkeit fesselt.

Schließlich reiße ich mich los und nehme die letzten Höhenmeter in Angriff. Vor dem Gipfelhang rutsche ich ein paar Meter ab, bevor der Weg etwas steiler wird und mich direkt am Grat entlangführt. Kurz unterhalb des Gipfelkreuzes richte ich ein Skidepot ein. Die letzten Meter steige ich zu Fuß – vorsichtig, Schritt für Schritt. Und dann stehe ich oben, der Gipfel des Brechhorns unter meinen Füßen, die ganze Welt scheint für einen Augenblick stillzustehen. Im Norden erhebt sich hinter dem Gampenkogel das beeindruckende Massiv des Kaisergebirges, das sich in voller Pracht zeigt. Rechts davon ragt das Kitzbüheler Horn in die Höhe, während dahinter die markanten Silhouetten der Loferer Steinberge sichtbar werden. Im Süden schweift der Blick über den Großen Rettenstein hinweg bis zu den majestätischen Dreitausendern der Hohen Tauern, die den Horizont dominieren.



Gold verschmilzt mit Weiß
Ich stehe da oben auf dem Brechhorn und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Sonne steht tief und taucht die Berge um mich herum in ein goldenes Licht, das fast unwirklich wirkt. Der Schnee glitzert, als hätte jemand Millionen kleiner Diamanten darüber gestreut, und die Schatten der Gipfel ziehen sich langsam über die Hänge, als wollten sie die letzten Sonnenstrahlen einfangen. Es ist dieser Moment, in dem alles still zu stehen scheint. Die Luft ist klar und kalt, ich spüre sie in meinen Lungen, während ich tief einatme. Der Himmel beginnt sich zu verändern – erst ein kräftiges Orange, dann ein sanftes Rosa, das sich langsam in Violett und Blau verliert. Ich lasse meinen Blick schweifen, versuche, diesen Anblick so tief wie möglich in mir abzuspeichern, weil ich genau weiß: Sowas erlebt man nicht oft. Ich fühle mich klein, aber gleichzeitig irgendwie verbunden mit allem um mich herum. Es ist ein Gefühl, das ich gar nicht richtig in Worte fassen kann – Ruhe, Dankbarkeit, vielleicht auch Ehrfurcht. Ich bleibe noch ein paar Minuten stehen, lasse die Kälte an meinen Wangen kribbeln und die letzten Strahlen der Sonne auf meinem Gesicht wirken. Einfach perfekt, denke ich, und mache mich langsam wieder auf den Weg zurück ins Tal.

Ich schnalle meine Skier an, ein leises Knacken im Schnee unter den Kanten, und richte den Blick hinunter ins Tal. Der Hang vor mir leuchtet im letzten Schein der untergehenden Sonne, während der Schnee in der Dämmerung fast bläulich wirkt. Ich stoße mich vorsichtig ab, die ersten Schwünge noch zaghaft, um den richtigen Rhythmus zu finden. Der Schnee ist pulvrig, weich unter meinen Skiern, und ich lasse mich einfach von der Schwerkraft führen. Mit jedem Schwung werde ich sicherer, die Bewegungen fließen ineinander, während der kalte Wind an meinem Gesicht zerrt. Der einzige Klang ist das leise Rauschen meiner Skier, das über die unberührte Schneedecke zieht. Die Dunkelheit senkt sich langsam, und ich bin froh, dass der Himmel noch ein wenig Licht hergibt – genug, um die Konturen des Geländes klar zu erkennen.



Im Rhythmus des Schnees
Die Abfahrt kann entlang des Aufstiegswegs erfolgen, erfordert jedoch eine etwas mühsame Querung um den Vorgipfel. Alternativ lässt sich der kurze Gegenanstieg mit Skiern bewältigen oder man fährt den weiten Südosthang ab. Hierbei sollte man nahe dem Ostrücken bleiben, um eine überwechtete Mulde zu vermeiden. Nach einem genussvollen Schwung durch weitläufige Hänge erreicht man die Wirtshochalm. Kurz davor quert man einen kleinen Graben und muss anschließend etwa 200 Höhenmeter ansteigen. Der Aufstieg führt über eine flache Rampe, bevor man nach links abbiegt und einen steileren Abschnitt erklimmt. Nach einer weiteren Querung erreicht man nahe der Breitlabalm die Aufstiegsspur, die direkt ins Tal führt.
Ich gleite über eine sanfte Kuppe, an der sich der Hang weit öffnet und eine breite, einladende Schneefläche freigibt. Mein Herz schlägt schneller, als ich den ersten Schwung ansetze – dieser Moment, wenn die Skier sich lösen und das Tempo zunimmt, hat jedes Mal etwas Aufregendes. Der Pulverschnee stiebt bei jedem Richtungswechsel auf, und ich spüre, wie die Kanten greifen, während ich mich dem Hang anpasse. Der Wind rauscht in meinen Ohren, die Bewegungen fließen ineinander, und ein Kribbeln zieht durch meinen Körper, irgendwo zwischen Spannung und Freude. Es ist, als würde der Berg mich sanft ins Tal tragen, jeden Gedanken aus meinem Kopf wischen und nur diesen Moment hinterlassen. Unten angekommen, umfängt mich die Stille wie ein schützender Mantel, während ich die Skier abschnalle und in die klare Nacht hinausschaue. Der Himmel ist inzwischen fast schwarz, nur die Sterne leuchten hell, und ich merke, wie ruhig alles um mich herum ist. Keine Autos, keine Stimmen – nur die klare, kalte Nacht und das leise Knirschen meiner Schritte im Schnee, als ich Richtung Parkplatz gehe. Ein tiefes Durchatmen. Ein Tag, der noch lange nachklingt.

Fazit zur Tour: Die Skitour auf das Brechhorn in den Kitzbüheler Alpen bietet ein abwechslungsreiches Erlebnis, das sportliche Herausforderungen mit genussvollen Abfahrten verbindet. Der Aufstieg verläuft großteils durch offenes Almgelände und über weite, freie Skihänge. Einige steilere Passagen erfordern jedoch eine solide Aufstiegstechnik, besonders auf den letzten Metern zum Gipfel. Die Mühe lohnt sich, denn die Abfahrt über die weitläufigen Südost- und Osthänge bildet einen krönenden Abschluss. Nach frischem Schneefall begeistert der Pulverschnee, doch die Lawinengefahr, insbesondere in der überwechteten Mulde unterhalb des Ostrückens, sollte nicht unterschätzt werden. Bei schlechter Sicht ist eine gute Orientierung unerlässlich, da die Alternativrouten mitunter anspruchsvoll zu finden sind. Um die Tour optimal zu genießen, empfiehlt es sich, früh zu starten. So bleibt genügend Zeit, um die vielseitigen Abfahrtsmöglichkeiten zu nutzen und das Auf und Ab im mittleren Teil der Strecke entspannt zu bewältigen.
Toller Beitrag. Coole Pics. Winter Wonderland. Ich persönlich bin seit einigen Jahren im Südosten von Österreich am Wandern. Dort sollte Winterwandern eigentlich Frühlingswandern heißen. Heute den rund 14 km langen Erlebensweg der Sinne in Unterlamm bei Loipersdorf bei fast 15 Grad gegangen.