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Pisa: Die quirlige Studentenstadt mit dem Schiefen Turm

Es dauert ein paar Minuten, bis ich begreife, dass ich kein Foto sehe, sondern leibhaftig davor stehe. Im Hier und Jetzt. Mit fasziniertem Blick, offenem Mund und ohne viele Worte zu verlieren, bestaune ich den Schiefen Turm von Pisa. Es ist, als wäre ich verzaubert worden. Ein wenig irritiert und doch magisch angezogen realisiere ich immer mehr, dass sich soeben ein Herzenswunsch erfüllt hat. Sofort verbreitet sich ein aufregendes Gefühl von Spannung und freudiger Erwartung. Vor dem Turm hat sich bereits eine Menschentraube versammelt. Mein Puls schlägt ein wenig schneller. Mitreißende Vorfreude kribbelt in meinem Magen. Gleich werde ich über die Stufen nach oben gehen. Nur noch ein paar Minuten, dann ist meine Gruppe an der Reihe. 

Wissenswertes

Pisa im Überblick

Wahrscheinlich wurde Pisa im 7. oder 6. Jahrhundert vor Christus von den Griechen gegründet und später von Etruskern besiedelt. Ein Hafen wurde bereits von den Römern angelegt. Aufgrund von Pisas strategisch günstiger Lage nahe der Wasserwege stieg die Stadt ab dem 10. Jahrhundert zu einer Seemacht und einflussreichen Handelsmetropole auf. Damit stand Pisa in Konkurrenz zu Genua und Venedig. Auf dem Höhepunkt ihrer Blütezeit während des 12. und 13. Jahrhunderts beherrschte Pisa Korsika, Sardinien und die toskanische Küste. Als Pisa jedoch in der Schlacht von Meloria gegen die genuesische Flotte 1284 verlor, war damit das Ende der Großmacht besiegelt. Im Jahr 1406 fiel Pisa unter die Herrschaft von Florenz, wobei die Medici unter anderem auch die Universität wieder aufbauten, an welcher Galileo Galilei lehrte.

Pisa hat heute rund 90.300 Einwohner und beherbergt die renommierte Universität von Pisa. Die Stadt zählt zu den beliebtesten Attraktionen der Toskana. Die Atmosphäre der quirligen Studentenstadt erlebst du am besten bei einem entspannten Bummel durch die Innenstadt.

Altstadt_Pisa
Pisa liegt im Westen der Toskana und ist heutzutage vor allem für den Schiefen Turm bekannt. Zwischen all den Prestigebauten, Palästen und Renaissanceplätzen sorgen Studentencafés und Bars für Abwechslung.

Anreise und Transport vor Ort

Wenn du mit dem Auto anreist, parkst du am besten auf einer der zahlreichen großen Parkflächen außerhalb des Stadtzentrums. Ein kostenloser Parkplatz befindet sich unweit der Via Pietrasantina (Zum Google Maps Routenplaner). Von dort ist es nur ein 15-minütiger Spaziergang zum Schiefen Turm. Solltest du mit dem Zug nach Pisa anreisen, kannst du vom Bahnhof direkt mit dem Bus Lam Rossa (rot) oder der Linie 4 in die Innenstadt fahren.  

Wie viel Zeit sollte man für Pisa einplanen?

Einen halben Tag solltest du dir für die Besichtigung von Pisa durchaus einplanen. Wenn du etwas mehr Zeit hast und es gemütlicher angehen bzw. das Flair der Stadt genießen möchtest, kannst du dir einen ganzen Tag vornehmen. Mehr als einen Tag wirst du jedoch nicht benötigen, um alle Highlights gesehen zu haben. Wir haben Pisa am Vormittag besucht und sind am Nachmittag weiter nach Lucca gefahren.

Sehenswürdigkeiten

Piazza del Duomo (Piazza dei Miracoli)

Der Domplatz ist der zentrale Platz Pisas und Magnet für Besucher aus aller Welt. Der Andrang auf der Piazza dei Miracoli ist wirklich groß, sodass du am besten so früh wie möglich anreist. Auf dem riesigen Platz stehen neben dem berühmten Schiefen Turm auch der Dom, das Baptisterium und der Friedhof Camposanto Monumentale.

Pisa_Kathedrale_Dom
Seit 1987 gehört der Domplatz in Pisa zum UNESCO-Welterbe.

Duomo Santa Maria Assunta

Reliefs, Friese, Gesimse, Skulpturen, marmorne Säulen und Bögen sowie farbige Marmorintarsien schmücken die detailreich verzierte viergeschossige Domfassade. Vom Giebel und der Statue der Madonna mit Kind wandert mein Blick über die Stirnseite bis zu den mächtigen Bronzeportalen mit aufwendigen Reliefs – allen voran die Porta di San Ranieri von Bonanno Pisano, welche Szenen aus dem Leben Christi und Mariä zeigt. 

Fassade_Dom_Pisa
Die charakteristische Fassade des Doms wurde erst gegen Ende des 12. Jahrhunderts von dem Baumeister Rainaldo geschaffen und war für viele sakrale Bauwerke in der Toskana ein Vorbild.

Noch unvollendet wurde die Kathedrale von Pisa im Jahr 1118 von Papst Gelasius II. geweiht. Beim großen Brand 1595 wurde im Innenraum des Doms leider vieles zerstört. Es folgte eine sehr aufwendige Restaurierung. Als ich das Innere betrete, werde ich von der Monumentalität überwältigt. Die vergoldete Kassettendecke aus dem 17. Jahrhundert von den Florentinern Domenico und Bartolomeo Atticciati sticht mir sofort ins Auge und es vergehen mehrere Sekunden, bis ich meine Aufmerksamkeit wieder sammeln kann. Es herrscht ein fein abgestimmter Stilmix aus antiken, maurischen und byzantinischen Elementen. Dominant ist die Doppelsäulenreihe in der Mitte des Gebäudes, über der sich schwarz-weiße Arkaden befinden. Die große Kuppel wurde erst im 14. Jahrhundert ergänzt und zeigt das Fresko „Maria in der Glorie“ von Orazio und Girolamo Riminaldi. 

Dom zu Pisa
Die schwarz-weißen byzantinischen Arkaden in Teilen des Doms erinnern an eine Moschee.

Das prachtvolle goldene Mosaik der Apsis, geschaffen vom Florentiner Cimabue, erfüllt mich mit Staunen und gibt mir einen Maßstab für das, was die Kunst einst gewesen ist. Unfassbar, wie sich die vielen Mosaiksteine zu einem riesigen thronenden Christus zwischen Maria und Johannes dem Evangelisten vereinen. Zudem ist die Apsis vollständig mit Fresken von Beccafumi, Sogliano und Sodoma ausgemalt. 

Links vor dem Hochaltar befindet sich die berühmte, über vier Meter hohe Kanzel von Giovanni Pisano, die zwischen 1302 und 1310 geschaffen wurde. Mit ihrem reichen Figurenschmuck gilt sie als Meisterwerk der italienischen Gotik und zeigt verschiedenste Szenen der Jesusgeschichte. Ich vermag mir nicht vorzustellen, wie viele Stunden Arbeit in die feingliedrigen Skulpturen geflossen sein müssen.   

Torre pendente di Pisa (Schiefer Turm)

Sie verrenken sich, um ihn zu stützen, sich dagegen zu lehnen oder ihn umzuschubsen. Manchmal stecken sie ihn auch in eine Eistüte oder schenken ihm eine herzliche Umarmung. Ein lustiges Foto mit dem Schiefen Turm von Pisa möchte fast jeder Besucher in der Tasche haben.   

Als ich Stufe für Stufe den Glockenturm emporsteige, vergesse ich beinahe, dass sich die Wände um 3,97 Grad zur Seite neigen. Schwindlig wird mir aber höchstens von den sich eng nach oben windenden Stufen und weniger von der Schräglage des Turmes. Insgesamt 294 Treppenstufen müssen bewältigt werden, bis man den Blick vom berühmtesten Turm der Welt genießen kann. Ich kann es nicht glauben, dass auch ich gleich ganz oben stehen werde. Mein Herz pocht aufgeregt, meine Nackenhaare sträuben sich und in meiner Hand kribbelt es. Mit jedem Meter, den wir uns dem Ausgang nähern, steigt die Aufregung.  

Die Grundsteinlegung des Turmes erfolgte 1173 durch Dombaumeister Bonanno Pisano. Doch schon nach der Fertigstellung der ersten drei Geschosse neigte sich der Turm wegen des sandig weichen Untergrundes plötzlich nach Süden. Erst 100 Jahre später legte der Architekt Giovanni di Simone ebenfalls Hand an den Glockenturm, verwendete auf der Nordseite schwereres Baumaterial und schaffte es, bis zur siebten Etage aufzustocken. Doch erst stolze 200 Jahre nach Baubeginn wurde das rund 55 Meter hohe Monument endlich durch Architekt Tommaso Pisano fertiggestellt. 

Sein Schicksalsjahr erlebte der Turm 1990, als er wegen Einsturzgefahr für Besucher gesperrt werden musste. Es folgten unzählige Rettungsversuche – von Bleibarren über Erdanker und Stahlseile bis hin zur Abtragung des Bodens unter dem Turm. Diese letzte Maßnahme war es auch, die ein weiteres Kippen des Turmes verhinderte und seine Neigung um 44 Zentimeter reduzierte. Seit Dezember 2001 ist es wieder erlaubt, den Schiefen Turm zu besteigen und den Blick über den Platz der Wunder und Pisas Altstadt schweifen zu lassen. 

Baptisterium

Mit dem Bau des weltgrößten Baptisteriums, der Taufkirche neben dem Dom, wurde 1152 begonnen. Ein gutes Jahrhundert später wurde der Bau jedoch durch Niccolò und Giovanni Pisano verändert. Vollendet wurde das Baptisterium schließlich erst im 14. Jahrhundert. Die Hauptattraktion ist Niccolò Pisanos sechseckige Marmorkanzel. In der Mitte des Baptisteriums befindet sich ein wunderschönes Taufbecken. 

Baptisterium_Pisa_Taufkirche
In der Mitte des Baptisteriums steht das große Taufbecken von Guido Bigareli da Como aus dem 13. Jahrhundert.
Baptisterium_Pisa
Das wunderschöne Baptisterium ist Johannes dem Täufer gewidmet und ist die Taufkirche zur dazugehörigen Kathedrale.

Friedhof Camposanto Monumentale

Auf dem Friedhof des Areals haben viele berühmte Pisaner ihre letzte Ruhe gefunden. Leider wurden viele der Fresken an den Wänden des Kreuzganges während des Zweiten Weltkrieges zerstört. Manche von ihnen konnten jedoch restauriert werden. Im Gegensatz zum Trubel auf dem Domplatz ist der Friedhof eine Oase der Ruhe. 

Friedhof Camposanto Monumentale
Der Friedhof wurde im Jahr 1277 erbaut, um die bis dahin rund um die Domkirche verstreuten Gräber aufzunehmen. Einer Überlieferung nach soll für den Friedhof sogar Erde aus Jerusalem verwendet worden sein, um die Adligen in heiligem Boden bestatten zu können.

Auf der Website findest du alle Informationen zu den Tickets und Öffnungszeiten der Gebäude. Die Kathedrale kannst du kostenlos besichtigen. Zusätzlich kannst du für jede einzelne Sehenswürdigkeit ein Ticket kaufen oder du nutzt ein Kombiticket für alle Sehenswürdigkeiten inklusive Turm-Aufstieg, wobei du für den Turm immer einen fixen Zeitslot auswählen musst. Das Kombiticket ist ab dem ausgewählten Tag ein ganzes Jahr lang gültig. Neben dem Dom, dem Baptisterium, dem Turm und dem Friedhof kannst du noch das Dommuseum sowie das Sinopienmuseum besuchen (im Kombiticket inkludiert). Letzteres zeigt Zeichnungen, die zur Vorbereitung der Fresken dienten. Das Dommuseum hingegen stellt Skulpturen und Gemälde aus dem 12. bis 15. Jahrhundert aus. 

Pisas Altstadt

Vom Domplatz spazieren wir weiter in Richtung Pisas Innenstadt. Die lebendige Altstadt von Pisa liegt zwischen der Piazza dei Miracoli und dem Fluss Arno, welcher Pisa in zwei Hälften teilt. 

Ich bin überrascht, dass Pisa durchaus mehr zu bieten hat als nur den Schiefen Turm. Mit neugierigem Blick spaziere ich durch die Altstadt, wo die Gebäude eng und schattig beieinanderstehen. Die Menschenmenge wird weniger. Aufmerksam halte ich die Augen offen, doch an den vielen Details kann man sich kaum sattsehen. Es scheint, als würde man an jeder Ecke eine neue Geschichte erzählt bekommen. Plötzlich öffnet sich das Straßengewirr und wir treten auf eine großzügige Platzanlage, die Piazza dei Cavalieri.

 Den Schiefen Turm von Pisa kennt jeder, die Sehenswürdigkeiten der malerischen Altstadt in Pisa hingegen nur wenige.

Piazza dei Cavalieri

Die mit Wappen dekorierte schwarz-weiße Fassade des Palazzo Carovana zeigt verschiedenste Tugenden und Tierkreiszeichen im Stil der Sgraffitomalerei. Es ist das auffälligste Gebäude an der Piazza dei Cavalieri, die ab 1558 vom Architekten Giorgio Vasari neu gestaltet wurde. Der Palast war früher Sitz der von Großherzog Cosimo I. de’ Medici gegründeten Stephansritter. Seit 1810 ist im Palazzo Carovana eine Eliteuniversität untergebracht. Weitere Gebäude an diesem prestigeträchtigen Platz sind der Palazzo del Collegio Puteano, der Palazzo del Consiglio dei Dodici, die Kirche San Rocco und der aus zwei verfallenen Türmen entstandene Palazzo dell´Orologio (Uhrenpalast). Auf dem weitläufigen Platz befindet sich auch die Santo Stefano dei Cavalieri, 1565 von Vasari anstelle einer älteren Kirche erbaut.

Universitätsviertel und Borgo Stretto

Von der Piazza dei Cavalieri sind es nur wenige Schritte zur Universität. Rund um die Hochschule findet man zahlreiche Bars. Zwischen der Via Borgo Stretto und der Piazza Sant’Omobono liegt die Piazza delle Vettovaglie, welche noch heute den Stadtmarkt beherbergt. Mit ihren zahlreichen Geschäften, Cafés und Restaurants zählt die Gegend um die beliebte Einkaufsstraße Borgo Stretto zu den belebtesten Vierteln Pisas. Buchläden und Antiquariate gibt es vor allem an der Piazza Dante und Umgebung. 

Uferstraße entlang des Arno

Zum Abschluss machen wir noch einen Abstecher zum Fluss Arno. Vorbei an farbenfrohen alten Palästen und prächtigen Stadtvillen genießen wir die Ruhe an der Uferpromenade. Zu den sehenswertesten Gebäuden zählen der Palazzo Blu (Kulturzentrum und Museum für temporäre Ausstellungen), der Palazzo Reale (Sammlung privater Kunstwerke aus dem Haus der Medici und Savoyen), der Palazzo alla Giornata (Sitz des Rektors der Universität) oder der Agostini-Palast mit dem ältesten Kaffeehaus Pisas. Direkt am südlichen Arno-Ufer liegt die Kirche Santa Maria della Spina, welche einst für Reisende und Flussschiffer errichtet wurde.  

Flussufer_Arno_Pisa
Die Uferstraße Lungarno Pacinotti war einst Pisas vornehmste Adresse.
Santa Maria della Spina
Die kleine gotische Kirche Santa Maria della Spina ist ein Juwel am Ufer des Arno.

Weitere Highlights

  • Das ehemalige Benediktinerkloser San Matteo besitzt eine der schönsten Kunstsammlungen der Toskana. Das Museo Nazionale di San Matteo zeigt toskanische Gemälde und Skulpturen, edle Textilien sowie wertvolle Keramiken und Handschriften.
  • Wenn du dich nach etwas Rückzug und Natur sehnst, empfehle ich dir den Besuch des Botanischen Gartens und des Botanischen Museums. Der Botanische Garten wurde in den Jahren 1543 und 1544 auf Betreiben des Arztes und Botanikers Luca Ghini gegründet und umfasst etwa drei Hektar Fläche sowie Pflanzen aus aller Welt.
  • Pisa war einst eine Seemacht. Im Historischen Schifffahrtsmuseum erfährst du nicht nur spannende Informationen über die Geschichte und Archäologie Pisas, das Leben der Menschen am Schiff sowie die Beziehung der Stadt zum Wasser. Darüber hinaus kannst du Schiffe, ihre Ladungen und Handelsgegenstände besichtigen.

Essen und Trinken

Das maritime Erbe Pisas spiegelt sich auch in den Speisekarten wider. Die Nähe zum Meer zeigt sich in zahlreichen Fisch- und Meeresfrüchtegerichten wie beispielsweise Baccalà alla pisana (pisanisches Kabeljaugericht) oder Stoccafisso alla pisana (Stockfisch). Typisch für Pisa sind darüber hinaus Kutteln (Trippa), das pisanische Rindersteak „Mucco pisano“ oder Risotto mit den regionalen weißen Trüffeln. Zum süßen Ausklang wird häufig eine Mürbteig- oder Pinienkerntorte gereicht. 

In der nachfolgenden Karte findest du meine Restaurant-Tipps für Pisa.

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