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Vom Winde verweht: Skitour auf den Klingspitz

Schon von weiter Ferne konnte man das Gipfelkreuz erspähen. „Da sind wir doch bald oben“, scherzte ich optimistisch. Nun ja, so schnell wie erhofft ging es dann doch nicht. Mittlerweile spüre ich jeden Muskel in meinen Armen und Beinen. Der Anstieg wird mit jeder Skilänge zäher. Tapfer ziehe ich in den Kampf gegen meine müden Glieder. Doch in den Ring steigt nun auch eine stürmische Brise. Der feine Schnee tänzelt durch die Luft und wirbelt mir um die Nase. Ich gebe mich siegesgewiss und presse nochmals das letzte Quäntchen Energie aus meinen Oberschenkeln. Und dann ist es soweit. Ich stehe alleine am Gipfel. Schnaufend, müde und vor Stolz platzend.

Ist es irgendwo schöner?

Stunden zuvor waren wir am Güterweg Dacheben gestartet. Wir überqueren eine Brücke und biegen bei einem großen Hof in Richtung der Sonnenhänge ab. Frau Holle hat ganze Arbeit geleistet. Wiesen, Berge und Wälder haben sich in eine Puderzuckerlandschaft verwandelt. Wie auf Wolken schieben wir unsere Skier durch den frischen Pulverschnee. Es folgt eine steilere Passage durch dichten Wald, bis wir wieder in freies Gelände gelangen. Hie und da rieselt der Schnee von den Ästen, die sich unter der Last der weißen Pracht nach unten biegen. Der Himmel strahlt in seinem schönsten Blau. Wir folgen der Spur in eine Welt, die scheint, als wäre sie nur für uns gemacht. In einer meditativen Ruhe ziehe ich meine Spuren durch den Schnee. Mit Skiern unter den Füßen ist das Leben noch ein Wunschkonzert. Ein Ausbruch aus dem Alltag. Die Freiheit, aufzubrechen, wohin man will. Ein Gefühl von Unendlichkeit.

BergKlingspitz
1988 Meter
Dienten, Salzburg
Skitourmittelschwere Skitour
Dauer: 3,5 Stunden
Länge: 8,6 Kilometer
Aufstieg/Abstieg: 950 Höhenmeter
Hangrichtung: SO, NO
Höhenprofil & Karte
AnfahrtParkplatz am Güterweg Dacheben
Zum Google Maps Routenplaner

In steilen Kehren schlängelt sich der Weg zu einer Alm hinauf. Hier waren schon einige vor uns unterwegs, was die ganze Sache nicht unbedingt einfacher macht. Immer wieder zieht es mir die Skier unter den Füßen weg. Ein Balanceakt auf zwei Brettern. Für die Königsdisziplin im Skitourengehen brauche ich jedenfalls noch ein wenig Übung. Schließlich queren wir einen Hang unterhalb des Bründlingkopfes und gelangen zur Hochkaserkapelle auf 1687 Metern Höhe. Die Holzbank neben der Kapelle ist einfach zu verführerisch und so gönne ich mir eine kurze Pause in der Sonne. Zu diesem Zeitpunkt trennt mich noch etwa eine Gehstunde vom Gipfelsieg.

Skitour Klingspitz
Die Spur führt uns immer weiter in das tief verschneite Winterparadies.
Skitour Klingspitz Sonnenhang
Sonne und Pulverschnee – was will man mehr?
Skitour Klingspitz Hütte
Der Klingspitz zeigt sich schon sehr bald auf der Bildfläche. Das Ziel stets vor Augen, fällt die Motivation für den Aufstieg nicht schwer.
Skitour Klingspitz 2
Die Natur schlummert unter einer dicken Schneedecke.
Klingspitz
Noch sind wir im Schatten, doch der sonnige Gipfel lockt bereits in der Ferne.

Kalt erwischt

Die Aussicht am Gipfel ist herrlich und entschädigt für die Strapazen des steilen Aufstieges. Meine Augen leuchten und mein Herz könnte vor lauter Freude zerspringen. Ich habe nicht nur den Berg bezwungen, sondern auch mich selbst. Gipfelglück pur. Der Rundblick um den Gipfel nimmt alle Hast. Von hier oben scheint es, als ob man die Welt und den Himmel umarmen könnte. Die Berge lehren uns, für einen Augenblick still zu sein und die Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Neben dem Hochkönig schwenkt mein Blick über das Steinerne Meer, die Leoganger Steinberge und die Hohen Tauern sowie die benachbarten Gipfel Schneeberg, Ahornstein, Hocheck und Hundstein.

Doch nach nur wenigen Minuten holt mich eine frische Brise von meiner Traumwolke hinunter. „Puh, ist das kalt“, stelle ich fest. Ich reibe mir fröstelnd über die Arme, um die Kälte ein wenig zu verscheuchen. Minus 13 Grad waren es heute schon beim Parkplatz gewesen. Gepaart mit dem starken Wind ergibt dies eine ungemütliche Mischung. Ich beiße die Zähne zusammen und lächle für ein paar Erinnerungsbilder, während mir die Kälte durch sämtliche Kleidungsschichten fährt. 

Skitour Klingspitz Hochkönig Blick
Skilänge für Skilänge offenbart sich das faszinierende Panorama.
Skitour Klingspitz Aufstiegshang
Die Waden brennen. Ich mobilisiere meine Kraftreserven und kämpfe mich weiter nach oben.
Skitour Klingspitz Gipfel Ausblick Steinerne Meer
Die Aussicht vom Gipfel in Richtung Steinernes Meer und Leoganger Steinberge ist umwerfend.
Klingspitz-Kreuz-Panorama
Der Schnee macht auch vor dem Gipfelkreuz nicht Halt.

Auf der Flucht

„Das ist wie tausend Nadelstiche“, seufze ich, während ich gleichzeitig versuche, meine Felle an das Abdecknetz zu kleben. Der eisige Wind pfeift mir um die Ohren. Die Felle flattern durch die Luft und rutschen mir immer wieder durch die Hände. Meine Finger sind zittrig und gerötet von der beißenden Kälte. Ich weiß, dass es nichts bringt, wenn ich jetzt die Geduld verliere. Nach endlos scheinenden Minuten habe ich endlich alles im Rucksack verstaut. Hastig schließe ich die Schnallen und stelle den Schuh auf „Abfahrt“ um. Mit einem kraftvollen Ruck stecke ich in der Bindung.

Spontan haben wir entschlossen, nicht über die Marbachhöhe, sondern über den Aufstiegsweg abzufahren. Zu schlecht sind die Bedingungen. Ich manövriere die Skier zum Hang. Das Herz klopft. Mein Blick wandert ein letztes Mal zum eindrucksvollen Gipfelkreuz. Leider blieb nur wenig Zeit, den tollen Ausblick zu genießen. Der Aufstiegshang ist vom Südföhn abgeblasen und die Grasbüschel ragen teilweise aus dem Schnee. Hilft alles nichts. Es gibt nur einen Rückweg und der führt nach unten.

Skitour Klingspitz Panorama
Die Sonne lächelt trotz bitterer Kälte vom Himmel.
Skitour Klingspitz Gipfelaufstieg
Zeit zum Staunen muss man sich nehmen.
Skitour Klingspitz Hochkönig
Der Hochkönig zählt zu den mächtigsten Herrschern der nördlichen Kalkalpen. Er gebietet über ein schroffes Reich aus zerklüfteten Felswänden und messerscharfen Graten.

Plan B

Zugegeben, mein Abfahrtsstil könnte eleganter sein. Die Schneeschicht ist noch dünn, sodass ich höllisch aufpassen muss, um nicht ein paar steinerne Andenken mit nach Hause zu nehmen. Ich bin sehr froh, dass soeben niemand in unserer Nähe ist und ich den ganzen Hang für meine Riesen-Schwünge zur Verfügung habe. Zurück an der Kapelle atme ich tief durch. Das schwerste Stück ist geschafft. Nun kommt der spaßige Teil. Der Schnee ist endlich tief genug, sodass die Skier auf der weichen Oberfläche „schwimmen“. Der Rhythmus der Kurven setzt fast von allein ein. Das „Juhu“ hallt über den Hang. Als mir der Tiefschnee um die Ohren fliegt, werde ich kurzzeitig wieder zum Kind. Im weißen Rausch brettere ich den Schneeteppich hinunter. Auch wenn die Oberschenkel schon brennen, will ich dem Tal gar nicht näher kommen. Dieser Plan B fühlt sich mindestens so gut an wie Plan A.

Skitour Klingspitz Schneelandschaft
Ein Skitouren-Tag, bei dem keine Wünsche offen bleiben.

Fazit zur Tour: Der Klingspitz war meine erste längere Skitour und ein guter Einstieg in den mittleren Schwierigkeitsgrad. Der Weg führt Großteils über sanft ansteigendes Almengelände, nur kurzzeitig waren ein paar Spitzkehren zu bewältigen. Bei guten Schneeverhältnissen bietet die Tour eine reizvolle Kombination aus Firn und Pulver. Wer ein bisschen mehr Adrenalin sucht, kann bei sicheren Verhältnissen die deutlich steilere Nordostabfahrt nehmen. Diese führt über die Deutingalm zurück zum Parkplatz. Weniger anspruchsvoll ist hingegen die Abfahrt über die Marbachhöhe oder den Aufstiegsweg. Grundsätzlich gibt es verschiedenste Varianten für den Aufstieg bzw. die Abfahrt:

  • die hier beschriebene Variante von Dienten über die Hochkaserkapelle auf den Klingspitz (kürzeste Variante)
  • von Dienten über die Reicheralm und die Deutingalm auf die Marbachhöhe und weiter auf den Klingspitz (Südost, Ost)
  • von Hintermoos über die Eggeralm und die Geralm auf die Marbachhöhe und weiter auf den Klingspitz (Nordost)
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