Seit zwei Stunden stapfen wir mittlerweile durch den Schnee. Die Spuren, die wir hinterlassen, könnten ebenso gut von Bigfoot stammen. Unermüdlich durchqueren wir auf Riesenfüßen die tiefverschneite Landschaft. Der Schnee knirscht, der Wind pfeift. Plötzlich sind die Menschen verschwunden, die Stille der Natur gewinnt die Oberhand. Ein Wintermärchen par excellence.
Inhaltsverzeichnis
Winterwandern auf der Raxalpe
Der Tag beginnt wenig idyllisch in der vollbesetzten Gondel der Raxseilbahn. Es herrscht Aufbruchstimmung. Die schneehungrigen Gäste sind in freudiger Erwartung auf den bevorstehenden Tag, drängen ungehalten in die nächste Gondel. Aufgrund der warmen Temperaturen hat sich seit längerem keine Schneeflocke ins Tal verirrt. Dass wir in nur wenigen Minuten über schneebedeckten Boden marschieren sollen, erscheint surreal. „Bist du sicher, dass es oben geschneit hat?“, fragt mich meine Schwester mit ungläubigem Blick. Auf ihrem Schoß hat sich unsere vierbeinige Begleitung, die kleine Shiba Inu-Hündin Nori, zusammengerollt und gönnt sich noch ein kurzes Schläfchen. Ein Ruck und schon setzt sich die Gondel in Bewegung. In Windeseile überwinden wir 1017 Höhenmeter und erreichen die Bergstation der Raxseilbahn. Wie erhofft begrüßt uns das Hochplateau der Rax in seinem dicken, weißen Wintermantel.
Alle Infos zum Schneeschuhwandern auf der Rax findet ihr hier.
Berg | Rax 2007 Meter Reichenau an der Rax, Niederösterreich |
Wandern | leichte Wanderung Dauer: 4 Stunden Länge: 11 Kilometer Aufstieg/Abstieg: 100 Höhenmeter |
Hütte | Raxalm-Berggasthof Ottohaus Neue Seehütte |
Anfahrt | Parkplatz an der Talstation der Rax-Seilbahn Zum Google Maps Routenplaner |
Im Raxalm-Berggasthof auf 1547 Metern haben wir uns zwei Paar Schneeschuhe mit Stöcken reserviert und bezahlen hierfür 12 Euro pro Person. Da vor allem am Wochenende zahlreiche Menschen auf die Rax pilgern, wird eine telefonische Reservierung empfohlen. Das Ticket für die Raxseilbahn kostet übrigens 28 Euro pro Person für Berg- und Talfahrt. Man muss beim Kauf zwar eine Uhrzeit für die Talfahrt nennen, kann das Ticket an der Kassa der Bergstation aber ganz einfach umschreiben lassen, sollte man doch früher bzw. später fahren wollen.
Spuren zeichnen im Schnee
Es dauert nur wenige Minuten, bis wir die Schneeschuhe an unseren Wanderschuhen befestigt haben. Während uns die kalte Luft um die Nase bläst, schieben wir den vorderen Fuß in die Bindung und schließen den Riemenverschluss um die Ferse, sodass diese frei beweglich bleibt. Die ersten Meter fühlen sich noch ein wenig unbeholfen an, doch langsam gewöhnen wir uns daran, auf großem Fuß durch die Landschaft zu spazieren. Ein Paar Schneeschuhe wiegt ca. 1,5 bis 1,7 kg, demzufolge ist das Gehen nicht mit einer normalen Wanderung zu vergleichen. Schneeschuhwandern ist durchaus Ausdauersport und verlangt bei längeren (und steileren) Touren eine gute Kondition. Den Schneeschuhen sei Dank verteilt sich unser Gewicht nun auf eine größere Fläche, sodass wir selbst im tiefen Schnee kaum einsinken. Die integrierten Harscheisen verhindern, dass man auf glattem Untergrund den Boden küsst.
Vom Raxalm-Berggasthof wandern wir entlang der roten Wegmarkierung in Richtung Ottohaus. Die Sonne scheint uns aufs Haupt, die Schneekristalle beginnen zu glitzern. Der Himmel präsentiert sich in seinem schönsten Blau. Eine Bergszenerie wie im Bilderbuch. Nach etwa 30 bis 45 Minuten erblicken wir schließlich die nächste Hütte, das Ottohaus auf 1644 Metern.
Von der Ottohütte zur Neuen Seehütte
Unser Tagesziel ist die Neue Seehütte (1648 m), weshalb wir nur kurz beim Ottohaus rasten. Der Wind wird zusehends stärker, die meisten Wanderer suchen Schutz in den gemütlichen Hütten. Die Wanderwege auf der Rax sind sehr gut beschildert, sodass man keinesfalls vom Weg abkommen kann. Außerdem verlaufen sie aufgrund des Raxplateaus nur flach bis mäßig steil und stellen auch an Anfänger keine allzu hohen Anforderungen. Langsam lichtet sich die Nebeldecke und gibt den Blick auf den Schneeberg frei. Im Angesicht des Königs der Wiener Alpen folgen wir Schritt für Schritt dem verschneiten Wanderweg (Seeweg), bis wir schließlich in den Wald gelangen. Die Nadelhölzer tragen ihr weißes Kleid, immer wieder werden wir von den Sonnenstrahlen gekitzelt, die sich ihren Weg durch das Geäst bahnen.
Auf dieser zweiten Teilstrecke begegnen uns deutlich weniger Menschen. Die Ruhe der bezaubernden Winterlandschaft beflügelt unsere Stimmung. Nach einiger Zeit lichtet sich der Wald, unser Blick haftet an den mächtigen Lechnermauern (1945 m) und der Scheibwaldhöhe (1943 m), die sich vor uns auftürmen. Die meterhohe Schneeschicht bedeckt die gigantischen Felswände. Weich und unberührt erscheinen die sonst so wilden Gipfel der Rax.
Ein zweiter Verbindungsweg zwischen Ottohaus und Seehütte führt über die Hohe Kanzel (1699 m) sowie die Preiner Wand (1783 m). Für diesen Weg wird Unerfahrenen jedoch ein Wanderführer empfohlen. Am heutigen Tag ist diese Strecke aufgrund von Lawinengefahr gesperrt, daher bleiben wir auf dem Seeweg.
Erbsensuppe und Strudel: ein verdientes Päuschen auf der Seehütte
Mein Blick fällt auf die Uhr. Beinahe zwei Stunden sind mittlerweile vergangen, als der Hang schließlich die Sicht auf die Seehütte freigibt. Die kleine Hütte liegt am Fuße des Trinksteinsattels westlich der Preiner Wand und bietet in der Gaststube Platz für 40 Personen. Als wir die urige Hütte erreichen, ist die Stube bereits gut besucht. Die warme Heizluft strömt uns sogleich entgegen und erwärmt unsere kalten Glieder. Im Winter hat die Hütte je nach Witterung am Wochenende geöffnet. Die Speisekarte ist klein, aber jeder wird fündig. Eine Stunde später haben wir unseren Hunger gestillt und sind bereit für den Rückweg, welcher aufgrund der Lawinensperre derselbe wie der Hinweg ist (ansonsten könnte man wie erwähnt über die Preiner Wand zurück zum Ottohaus wandern). Insgesamt sind wir an diesem Tag vier Stunden unterwegs, weshalb wir uns vor der Talfahrt noch mit einer großen Portion Germknödel im Raxalm-Berggasthof belohnen.
Die gesamte Tagestour im Überblick:
- Berggasthof Raxalm – Ottohaus: 30 bis 45 Minuten
- Ottohaus – Neue Seehütte: 1,5 Stunden
Das Raxplateau ist der ideale Ort, um in die Welt des Schneeschuhgehens einzutauchen. Die Wege sind großteils ungefährlich und das Gebiet auf den Schneeschuhtourismus ausgerichtet. Prinzipiell gelten für Schneeschuhwanderungen aber dieselben Regeln und Sicherheitsmaßnahmen wie beispielsweise für Skitouren, da man sich ebenso im freien Gelände mit Lawinengefahr bewegt.