Es ist noch sehr früh am Morgen, als ich in meinen Hausschuhen die knarrende Holztreppe hinabsteige. Im Schlafsaal ist es noch mucksmäuschenstill, die anstrengenden Wandertouren fordern bei allen ihren Schlaftribut. Mich juckt es dennoch in den Füßen und so verlasse ich die Hütte, um von der Terrasse aus zu beobachten, wie die aufgehende Morgensonne die Spitzen des Zwölferkofels in ein orangenes Licht taucht. Keine Tagestouristen, kein Lärm, nur die sanfte Geräuschkulisse der Natur. Heute ist unser letzter Tag hier oben inmitten der Sextner Dolomiten. Der Abstieg ins Tal steht an und obwohl ich mich auf etwas Komfort freue, fällt mir der Abschied sichtlich schwer.
Gran Finale am Alpinisteig
An unserem letzten Tag steht ein weiterer historischer Klettersteig am Programm. Der Alpinisteig gehört zu den berühmtesten leichten Dolomitensteigen (A/B) und ist aus diesem Grund ziemlich stark frequentiert. Wie sein Name schon vermuten lässt, wurde der Steig von der italienischen Gebirgsgruppe, den sogenannten „Alpini“, im Ersten Weltkrieg erbaut, um den von österreichischen Truppen besetzten Elferkofel zurückzuerobern. Der Steig ist zwar nicht wirklich schwierig und erfordert kaum Kraft, bietet aber einen umso eindrucksvolleren Ausblick auf den Einserkofel, den Zwölferkofel und das Fischleintal. Wir starten direkt bei der Zsigmondyhütte und gelangen nach rund einer Stunde zum Einstieg des Klettersteiges.
Achtung: Man muss ziemlich aufpassen, dass man sich auf dem Weg zum Einstieg nicht verläuft. Etwas oberhalb des Eissees biegt der Weg zum Alpinisteig nach links ab (Markierung Weg Nr. 101). Wenn man versehentlich weiter geradeaus geht, gelangt man hingegen zum Inneren Loch in Richtung Monte Popera/Hochbrunnerschneid.

Etappe: Zsigmondyhütte – Talschlusshütte
Wandern | Schwierigkeit: schwerer Bergweg mit Klettersteig Dauer: 6 Stunden Länge: 8,5 Kilometer Aufstieg: 860 Höhenmeter Abstieg: 1553 Höhenmeter |
Klettersteig | Alpinisteig (A/B) Zustieg: 1 Stunde (von der Zsigmondyhütte) Abstieg: 2,5 Stunden (zur Talschlusshütte) Kletterzeit: 2,5 Stunden (bis zur Elferscharte) Steighöhe: 400 Höhenmeter |
Hütte | Ausgangspunkt: Zsigmondyhütte Endpunkt: Talschlusshütte |
Anfahrt | Da wir auf einer Mehrtagestour unterwegs sind, übernachten wir auf der Zsigmondyhütte und wandern von dort sogleich weiter. Viele Wanderer starten entweder vom Fischleintal (Zum Google Maps Routenplaner) oder der Bergstation der Rotwandbahn (Zum Google Maps Routenplaner), überqueren den Alpinisteig und kehren anschließend bei der Zsigmondyhütte ein. |
Entlang der Felswände des Elferkofels
Am Eingang des Steiges angelangt, klippen wir unsere Sicherungen in das Stahlseil ein und marschieren los. Auf natürlich Felsbändern, dem „Salvezza-Band“, wandern wir entlang der senkrechten Felswände ins Äußere Loch, einen wilden, vermauerten Kessel, der oftmals mit Schnee bedeckt ist. Aus dem Äußeren Loch gehen wir weiter über Bänder auf die Gerölltrasse unter der Westwand des Elferkofels (3092 m), bis wir schließlich die Elferscharte im Nordgrat erreichen. Bis zur Elferscharte (2650 m) ist der Klettersteig meist flach, bei den heiklen Passagen gibt es zusätzliche Versicherungen. An der Elferscharte angelangt, kann man entweder ins Fischleintal absteigen, oder über die Sentinellascharte (B/C) in Richtung Rotwandwiesen gehen. Die Sentinellascharte ist deutlich schwieriger und kann teilweise heikel bzw. gefährlich sein, da man oftmals auf Altschneefelder und vereiste Passagen trifft. Wer diesen Klettersteig bestreiten möchte, sollte sich vorab unbedingt erkundigen, ob eine Begehung überhaupt möglich ist.


Abstieg in Richtung Talschlusshütte
An der Elferscharte (2650m) angelangt, gibt es wie erwähnt mehrere Möglichkeiten für den Abstieg:
- Über den steilen Steig Weg Nr. 122 hinunter ins Fischleintal zur Talschlusshütte
- Über den Weg Nr. 124 hinab ins Fischleintal zur Dolomitenhütte
- Über den Weg Nr. 100 und 15B zur Bergstation der Rotwandbahn
- Über die Sentinellascharte (2717 m) und den Weg Nr. 101 hinunter zur Berti Hütte (1950 m)
- Über die Sentinellascharte (2717 m) und den Zandonella-Klettersteig (C/D) zur Rotwandspitze (2965 m) und Abstieg über den Rotwand Klettersteig (A/B) zu den Rotwandwiesen
Wir wählen den Weg in Richtung Fischleintal und Talschlusshütte. Dabei geht es recht steil hinab, zunächst über Geröll und Fels, wobei ein Stahlseil teilweise beim durchqueren hilft. Schließlich wird der Weg flacher, bis er schlussendlich in ein Waldstück mündet. Ziemlich müde erreichen wir noch vor Einbruch der Dunkelheit die Talschlusshütte auf 1526 Metern Seehöhe. Die moderne Hütte liegt verträumt inmitten des Waldes. Hier verbringen wir insgesamt zwei Nächte, um uns ein wenig von der recht anspruchsvollen Tour zu erholen. Wir gönnen uns leckeres italienisches Essen, genießen die Sonne auf der Terrasse und lassen die vergangenen Tage Revue passieren.






Abschied von den Dolomiten
Die Dolomiten sind die schönsten Bauwerke der Welt (Reinhold Messner)
Ein letztes Mal werfe ich einen Blick über meine Schulter und blicke auf die imposanten Berghänge, denen wir nun den Rücken kehren. Mit dem Bus fahren wir zum Kreuzbergpass und marschieren zurück zur Lunelli Hütte, wo unser Auto geparkt ist. Die Begegnung mit den Dolomiten war für mich Liebe auf den ersten Wanderschritt. Die rauen Felsen und die wilden Zacken haben mich so sehr fasziniert, dass mich der Abschied wahrlich sentimental werden lässt. Nun heißt es warten, bis ich wieder hierher zurückkehren kann, um noch mehr von diesem wunderschönen Fleckchen Erde entdecken zu können. Aber Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude.
Die gesamte Etappe im Überblick:
- Zsigmondyhütte – Einstieg Alpinisteig: 1 Stunde
- Alpinisteig – Elferscharte: 2,5 Stunden
- Elferscharte – Abstieg zur Talschlusshütte: 2,5 Stunden
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