Direkt am Ayeyarwady-Fluss liegt ein vielbesungener Mythos, dessen Name so märchenhaft klingt wie all die Geschichten, die sich um ihn drehen. Sei es George Orwell, der über seine Zeit als Offizier im kolonialen Burma schreibt oder der indische Schriftsteller Amitav Ghosh, der den brutalen Untergang des Königreichs aus der Sicht eines indischen Waisenjungens erzählt. Es scheint ein Ort der Sehnsucht, der Umtriebigkeit zu sein. Und doch ist es in Wahrheit ein staubiger Ort, der auf mich weniger magisch wirkt als die Textzeilen in Frank Sinatras Song es vermuten lassen.
By the old Moulmein Pagoda lookin´ eastward to the sea
There´s a Burma broad a settin and I know she thinks of me
For the wind is in those palm trees and the temple bells, they say
Come you back, you British soldier
Come you back to Mandalay (Frank Sinatra)
Water-Festival: Ein feucht-fröhliches Willkommen
Ich bin klitschnass bis auf die Unterhose. Wasser trieft unaufhaltsam von meiner Kleidung und ehe ich mich versehe, trifft mich der nächste Wasserschwall. Mit einem breitem, schelmischen Grinsen blickt mich der kleine Junge hinter mir an. Es ist die Zeit des burmesischen Neujahrsfestes, auch Water Festival oder Thingyian genannt, welches immer zur heißesten Zeit Mitte April stattfindet. Hier kann man einmal im Jahr wieder ungeniert Kind sein. Über mehrere Tage hinweg feiern die Menschen ausgelassen und bespritzen sich gegenseitig mit Unmengen an Wasser. Wer jetzt an ein bisschen Wasserspritzerei im Garten denkt, der liegt falsch. Mit Kübeln, Wasserpistolen und Schläuchen wird man erbarmungslos mit Wasser übergossen (wer nicht nicht aussehen will, als käme er vom Wet-T-Shirt-Contest, sollte weiße Kleidungsstücke lieber getrost im Schrank lassen).
Alles Wissenswerte zur Anreise, unserem Hotel und Reiseinformationen findest du im Reiseguide.
Frisch geduscht ins neue Jahr
Doch was hat die Wasserschlacht mit Neujahr zu tun? Die Burmesen glauben, dass das Wasser die Sünden wegspült und man so gereinigt in das neue Jahr starten kann. Während der Feierlichkeiten gibt es auch Umzüge, bei denen die Einheimischen auf Ladeflächen stehend durch die Stadt fahren, während von allen Seiten laute Musik dröhnt und sie von den Menschen an den Straßenrändern nassgespritzt werden. Wer sich auf die Straßen wagt, muss mit einer kalten Dusche rechnen. Elektronische Geräte sollte man daher unbedingt in Kunststofftaschen verstauen. Trotz der ausgelassenen Stimmung ist die ganze Sache auch ein wenig nervig, beispielsweise wenn man Abendessen gehen möchte. Auch im Hinblick auf die Nahversorgung muss man Einbußen hinnehmen. Denn während der drei Tage, in denen das Festival stattfindet, haben alle Restaurants, Supermärkte und Shops geschlossen. Sogar im Hotel gingen schlussendlich die Lebensmittel aus. Trotz allem bleibt das Festival ein Erlebnis, das ich für immer in Erinnerung behalten werde. Denn die nächste Wasserschlacht dieser Art werde ich so bald nicht wieder erleben.
Sehenswürdigkeiten in Mandalay
Was die Sehenswürdigkeiten der Stadt betrifft, kann mich Mandalay nicht wirklich überzeugen. Zwei bis drei Tage reichen völlig aus, um alle bekannten Attraktionen zu besuchen. Wer Lust auf einen Ausflug hat, kann auch die nahegelegene U-Bein Bridge, die längste Teakholzbrücke der Welt, in Amarapura besichtigen.
Der Eintritt zum Königspalast, Kuthodaw Pagoda und Shwenandaw Monastery kostet im Kombiticket 10 000 Kyat (5,80 Euro).
Wissenswertes | Einwohner: 1,5 Millionen Sprache: Burmesisch Währung: Kyat Zeitzone: UTC+6:30 (5 Stunden 30 min. später) |
Sehenswürdigkeiten | Kuthodaw Pagoda Mandalay Palace Mandalay Hill Shwenandaw Kyaung Kloster U-Bein Bridge (Ausflug) |
Restaurants | Mingalabar Myanmar Restaurant (Burmesisch) Neo Phoenix (Burmesisch) Shan Ma Ma (Burmesisch) Spice Garden (Burmesisch) Super 81 (Burmesisch) Unique Mandalay Tea Room (Burmesisch) |
Das größte Buch der Welt – Kuthodaw Pagoda
Wenn man das „größte Buch der Welt“ versprochen bekommt, erwartet man sich klarerweise etwas Imposantes. Also machen wir uns auf, die Kuthodaw Pagoda, mit deren Bau im Jahr 1857 unter König Mindon begonnen wurde, zu besuchen. Das größte Buch der Welt ist nicht wirklich EIN Buch, sondern vielmehr gibt es dort 729 weiße Pagoden (buddhistisches Bauwerk, das Buddhas Lehre symbolisiert) zu sehen. In jeder befindet sich eine Marmortafel, auf welcher der Pali-Kanon, die heilige Schrift des Buddhismus über das Leben und die Lehre Buddhas, eingemeißelt ist. An der Erstellung der Marmorinschriften waren mehr als 200 Steinmetze bis 1868 beteiligt. Alle Tafeln zu alle lesen dauert etwa 6 Monate. Ein Besuch der Kuthadow-Pagoda ist ganz nett, jedoch sieht jede der 729 Pagoden gleich aus und nach einiger Zeit wurde es mir etwas langweilig.
Der Palast des einstigen Königreichs
Die größte Sehenswürdigkeit von Mandalay ist zweifelsohne der Königspalast, den man auch unbedingt besuchen sollte. Der Palast wurde in der Zeit von 1857 bis 1859 von König Mindon erbaut. Mandalay war seinerzeit die Hauptstadt des Landes und der Palast im traditionell burmesischen Palastdesign aus Teakholz gebaut. 1885 wurde der Königspalast von den Briten eingenommen und der amtierende König Thibaw samt seiner Frau ins indische Exil verbannt. Besonders verheerend waren die Brände im Zweiten Weltkrieg, als bei Kämpfen zwischen der japanischen Armee und den Briten der Palast in Schutt und Asche gelegt wurde. Ende der 1990er-Jahre ließ die Militärregierung unter anderem auch durch den Einsatz von Zwangsarbeit die alten Königspalastanlagen wieder aufbauen. Der heutige Palastkomplex ist demnach lediglich eine Rekonstruktion des Originals.
Früher waren die Gebäude aus vergoldetem Schnitzwerk oder aus mit Glasmosaiken verziertem Teakholz und Ziegeln gebaut. Während der Plünderungen wurden die Edelsteine aus dem Marmorboden geklopft und die Juwelen aus dem Interieur geschlagen. Der heutige Nachbau macht leider einen vernachlässigten Eindruck. Echtes Blattgold wurde durch Bronzegold ersetzt, anstatt der Ziegeln wurde Wellblech oder Beton verwendet, der Verputz bröckelt langsam von den Wänden. In der Mitte der Anlage steht ein Wachturm, von welchem man eine gute Aussicht auf den Königspalast mit seinen über 400 Hektar hat. Es ist sehr schade, dass der frühere Glanz nicht mehr wirklich vorhanden ist. Bis auf ein paar königliche Erinnerungsstücke im Thronraum gibt es auch keine Einrichtung oder Möbel, lediglich ein kleines Kulturmuseum zeugt von der alten Pracht.
Schweißtreibender Aufstieg auf den Mandalay-Hill
Vom 236 Meter hohen Gipfel des Mandalay-Hills soll die Aussicht bei Sonnenuntergang besonders schön sein. Also machen wir uns auf, die unzähligen Stufen zum Gipfel zu erklimmen. Gott sei Dank habe ich nicht schon vorher gelesen, wie viele Stufen es insgesamt sind, sonst wäre ich sofort wieder umgekehrt. Insgesamt führen drei verzweigte Treppenaufgänge und 934 Stufen hoch auf die Aussichtsplattform. Wir sind abermals ohne Schuhwerk unterwegs, der Boden ist diesmal wirklich ziemlich ekelhaft. Der Weg wird immer wieder durch Tempelhallen mit großen Buddha- oder Mönchstatuen unterbrochen. Außerdem gibt es überall kleine Stände, an denen man sich Imbisse oder Erfrischungen kaufen kann (die kann man auf dem nicht enden wollenden Weg auch gut gebrauchen).
Kurz bevor ich die völlige Erschöpfung erreiche, werde ich erlöst und wir gelangen in leicht apathischem Zustand endlich zum Gipfel. „Für so einen schweißtreibenden Aufstieg muss es sich doch gelohnt haben“, denke ich und nähere mich erwartungsvoll der Aussichtsplattform, auf der sich bereits zahlreiche Menschen drängeln. Zu meiner Enttäuschung lässt der Ausblick zu wünschen übrig. Um ehrlich zu sein habe ich mir ein wenig mehr erwartet, da der Mandalay Hill durchaus als Highlight der Stadt beschrieben wird. Umso schöner ist die mit kleinen Mosaiksteinen besetzte und in bunten Farben funkelnde Pagode am Mandalay Hill. Durch Zufall erfahren wir, dass es nahe des Gipfels eine Sammelstelle für Taxis gibt. Ich schieße ein paar Fotos und umrunde die Plattform. Auf den Sonnenuntergang verzichten wir schließlich und fahren im Sammeltaxi zurück in unsere Unterkunft.
Für den Zutritt zur Aussichtsplattform sind übrigens 1000 Kyat (0,58 Euro) zu bezahlen.
Shwenandaw Kyaung Kloster
Feine Holzschnitzereien, eine reich verzierte Deckenkonstruktion und kaum Touristen. Die Wände sowie die Fassade des Shwenandaw Kyaung Klosters sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Das Teakholz-Kloster stand früher im Kern des Königspalastes und gehörte zu den Privatgemächern von König Mindon. Das Kloster wurde schon zweimal gänzlich zerlegt und wieder aufgebaut. Zur Zeit des großen Brandes im Königspalast war es bereits außerhalb der Palastmauern ausgesiedelt worden, weshalb es das Feuer überstand. Besonders bezaubernd sind die üppig geschnitzten Holzpaneele, welche Szenen aus dem Leben Buddhas zeigen. Das Dachgesims im Hauptraum ist heute noch vergoldet, früher war sogar das gesamte Bauwerk innen und außen mit Gold veredelt und mit Glasmosaiken bestückt.
Zusammengefasst kann ich sagen, dass man durchaus einen Kurzstopp in Mandalay machen kann. Man sollte sich jedoch nicht allzu lange damit aufhalten. Neben dem Königspalast kann man auch einen Ausflug zu den zahlreichen Klöstern der Umgebung machen. Für mich geht es weiter in die ehemalige Hauptstadt Yangon.