Es ist der zweite Tag meines Inle-Lake Aufenthalts und diesmal verschlägt es uns ins idyllische Städtchen Inthein. Normalerweise ist dieser Ort Fixpunkt jeder Bootstour auf dem Inle-Lake, doch zum Zeitpunkt meines Besuches ist der Wasserstand so niedrig, dass die Anreise per Boot nicht möglich ist. Schließlich organisieren wir uns ein Tuk Tuk vom Hotel und treten auf diesem Wege die Reise an (eine Stunde holprige Fahrt über burmesische Feldwege, vorbei an Reisfeldern und Wasserbüffeln, ist jedenfalls ein Erlebnis – wenn auch nichts für Menschen mit Bandscheibenproblemen).
Inhaltsverzeichnis
Wo ein Wille, da ein Weg!
Was ich so vorab gelesen habe, dürfte der kleine Ort Inthein normalerweise sehr gut besucht sein. Wir haben wohl Glück im Unglück, denn an diesem Tag versprüht das Städtchen vielmehr das Flair einer verlassenen Geisterstadt aus einem alten Wild-West-Film als das einer Touristenhochburg. Wir können somit die Schönheit der Tempelruinen in Ruhe genießen – ohne uns durch Touristenmassen zu drängen.
Alles Wissenswerte zur Anreise, unserem Hotel und Reiseinformationen findest du im Reiseguide.
Unser Fahrer setzt uns gleich in der Nähe der historischen Anlage ab. Beim Treppenaufgang zu den Tempelruinen wird man sogleich zur Kasse gebeten. Um Schnappschüsse machen zu dürfen, wird eine Foto-Gebühr verlangt (Im Leben wird dir eben nichts geschenkt). Da wir uns nicht sicher sind, ob es sich um eine Touristenabzocke handelt (irgendwie hat der aufdringliche Herr nicht gerade vor Seriosität gestrotzt), bezahlen wir nicht, da wir angeben, keine Fotos zu machen (im Nachhinein habe ich im Internet gelesen, dass es scheinbar tatsächlich eine Gebühr gibt, wobei ich es nicht wirklich einsehe, Geld für Fotos zu bezahlen). Nach wenigen Metern erreicht man schon die ersten verfallenen Ruinen von Nyaung Oak.
Reise in die Vergangenheit: Nyaung Oak
An den zahlreichen Stupas von Nyaung Oak (Eine Stupa ist ein buddhistisches Bauwerk, das Buddha selbst und seine Lehre symbolisiert. Dem frühen Buddhismus zufolge sollen darin Reliquien des Buddha aufbewahrt sein. Manche Stupas werden auch als Denkmäler errichtet.) sind die Spuren der Zeit nicht spurlos vorübergegangen. Aber gerade das macht den Charme der Bauwerke von Nyaung Oak aus. Die Verschmelzung von Natur, die Schritt für Schritt wieder verlorenen Boden gutmacht, und alter buddhistischer Kultur macht den Ort zu einem mystischen Erlebnis. Über Baumwurzeln und Mauerziegeln hinweg (mit ausgelatschten Bade-Flip-Flops eine echte Zitterpartie) erkundet man eine faszinierende Welt aus vergangenen Tagen, der Hauch buddhistischer Tradition weht förmlich durch die alten Gemäuer.
Besonders schön sind die vielen Detailarbeiten im Stein wie Elefantenfiguren, Wächterlöwen (sogenannte „Chinthe“), Pfaue und Götterwesen (im Buddhismus „Devas“ genannt). Unzählige Fotos später erklimmen wir die Stiegen weiter hinauf in Richtung einer weiteren Tempelanlage. Dabei passieren wir unzählige Souvenirstände, doch an dem heutigen Tag fehlt es an zahlender Kundschaft. Neben den vielen hölzernen Buddha- und Mönchsfiguren erregt ein besonders bizarres Stück sofort unsere Aufmerksamkeit – eine Krone aus Büffelzähnen! (Ich kann mich nicht zurückhalten und muss dieses skurrile Stück einfach aufsetzen, auch wenn ich es recht eklig finde und die Verkäuferin nicht so ganz „amused“ scheint. Die Krone sieht zwar ziemlich herrschaftlich aus, da ich zu Hause aber weder über den dazu passenden Thron noch das nötige Schlösschen verfüge, lasse ich sie zurück).
Spaziergang durch She Inn Thein Paya
Schließlich gelangen wir zum She Inn Thein Paya, ein Komplex aus 1054 verwitterten Stupas aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Auch hier hat der Zahn der Zeit an der Bausubstanz genagt. Bis auf wenige restaurierte goldene Exemplare rund um die kleine Tempelhalle sind die meisten Stupas noch in ihrem Originalzustand. Nach einem schweißtreibenden Aufstieg auf den nahe gelegenen Hügel, um noch schnell ein Foto von oben zu schießen (inklusive Beinahe-Sturz aufgrund bereits erwähnter Flip-Flop-Problematik und meinem unpraktischen Blümchenschal, der stets als züchtiger Rock herhalten musste), geht es auch schon wieder zurück in den Ort. Wobei – nicht ganz! Vor dem Rückweg müssen wir noch zahlreiche Fotos mit den ankommenden asiatischen Touristen machen (Am Ende meiner Reise durch Myanmar habe ich sicherlich 60 Fotos mit allen möglichen Personen geschossen. Einerseits fühlt man sich geehrt und macht es gerne, zu anderen Zeiten versteckt man sich hinter dem Tempel, um kurz ungestört rasten zu können.)
Ein kleines Stück Italien mitten in Myanmar
Zurück im Dorfzentrum (dem knurrenden Magen sei Dank) kehren wir sogleich in eines der ersten Restaurants ein. „Original hausgemachte Pasta“ verspricht eine Tafel vor dem Lokal. Wir wagen den Versuch und sind mehr als überrascht, denn was wir serviert bekommen, entspricht so gar nicht unseren Erwartungen: hausgemachte Kartoffelgnocci und Pizza aus dem Steinofen, dazu frischgepressten Fruchtsaft als würde man soeben in einer Trattoria in Neapel sitzen. Nachdem wir uns den Bauch vollgeschlagen haben, sind wir bereit für die ruckelige Heimfahrt, vorbei an idyllischen Reisfeldern und dank ein paar Eimern Wasser nass bis auf die Unterhose.